Der Anspruch auf Grundversorgung mit Energie ist seit über zehn Jahren gesetzlich geregelt. Doch erst vor wenigen Wochen erwachte das Interesse an dieser im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 (Elwog) verankerten Bestimmung. Das registriert auch die E-Control: Im Sommer befanden sich erst rund 800 Personen in der Strom-Grundversorgung, die Zahl dürfte deutlich steigen. Seit einiger Zeit gebe es "vermehrt Anfragen zum Thema Grundversorgung", erklärt E-Control-Sprecherin Bettina Ometzberger auf Anfrage.
Aber was bedeutet Grundversorgung mit Strom eigentlich? Jeder Verbraucher, auch Kleinunternehmer, hat ein Recht, bei Versorgern einen Antrag auf Grundversorgung zu stellen. Was diese Regelung attraktiv macht, ist in § 77 des Elwog geregelt: "Der Allgemeine Tarif (...) darf nicht höher sein als jener Tarif, zu dem die größte Anzahl ihrer Kunden versorgt werden." Also der Tarif, den Bestandskunden bezahlen, erklärt E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch.
"Oft deutlich billiger"
Stromhändler und -lieferanten sind gesetzlich verpflichtet, Verbraucher, die sich darauf berufen, zu diesem Tarif mit Strom zu beliefern – Verbraucherschützer raten dafür zum eingeschriebenen Brief an Versorger. Der Kreis an Beziehern ist nicht eingeschränkt. Peter Kolba vom Verbraucherschutzverein VSV: "Jeder Anbieter muss im Internet oder sonst wo seine Tarife für die Grundversorgung veröffentlichen. Dabei ist der Arbeitspreis je Kilowattstunde oft deutlich billiger als im normalen Neukundentarif."
Am Beispiel des größten heimischen Energieversorgers Verbund: Der Bruto-Strompreis für Neukunden beträgt 49,20 Cent je Kilowattstunde (kWh), wer sich auf Grundversorgung beruft, zahlt jedoch nur 15,59 Cent. Kleinunternehmen zahlen 16,79 Cent.
"Unzumutbarer Zustand"
Bei der Energie Steiermark kostet der reguläre Tarif "SteirerStrom Flex" 58,86 Cent – derselbe Tarif wird für die Grundversorgung verrechnet, heißt es auf Anfrage. Ganz ähnlich agiert die Kärntner Kelag, die den Neukundentarif von 54 Cent auch im Rahmen der Grundversorgung anwendet. Den gesetzlichen Bestimmungen entspricht das augenscheinlich nicht. Kelag-Marketingchef Werner Pietsch sieht jedoch im Gesetz einen "unzumutbaren Zustand", da soziale Kriterien bei der Grundversorgung keine Rolle spielen. Er ortet eine "schlechte bis schlampige Umsetzung" einer EU-Rahmenrichtlinie: "Es fehlt das Kriterium der Schutzbedürftigkeit." Vor einer möglichen Klage fürchtet er sich nicht: "Das Thema muss geklärt werden." In Deutschland seien die Kriterien für Inanspruchnahme der Grundversorgung klarer geregelt, sagt Pietsch.
Aber auch die Kelag bessert nun nach und bietet, vergleichbar mit der Energie Steiermark, einen Sozialtarif an. Neukunden erhalten kärntenweit den günstigen Bestandskundentarif von 10,87 Cent (netto), sofern sie von der GIS-Gebühr befreit sind.
Keine Änderungen geplant
Die E-Control betont, "die Einhaltung von Verpflichtungen von Marktteilnehmern" zu kontrollieren. Die von E-Wirtschaft und E-Control gewünschten strengeren Regeln werde es nicht geben, stellt das Klimaschutzministerium klar: Änderungen sind nicht geplant. "In Zeiten hoher Energiepreise werden Schutzbestimmungen für Haushalte und kleine Unternehmen nicht aufgeweicht."