Seit August herrschen verschärfte Vorgaben zur Immobilien-Kreditvergabe. Die Auslegung der zugrunde liegenden Verordnung durch die FMA hat nun Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) auf den Plan gerufen, er fordert die Prüfung einer Lockerung. "Aufgrund der verschärften Bedingungen für die Kreditvergabe tritt zunehmend die Situation ein, dass die Menschen in unserem Land nicht mehr in der Lage sind, Zugang zu Krediten zu erlagen", kritisiert er in einem Brief an die FMA-Chefs.
Zwar werden Brunners Worten zufolge die grundsätzlichen Ziele der Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-VO) "weitgehend anerkannt". Es gebe aber in einer Vielzahl an Stellungnahmen "Kritik an der Auslegung in der Praxis", heißt es im Schreiben an die Chefs der Finanzmarktaufsicht (FMA), Helmut Ettl und Eduard Müller, das der APA vorliegt.
Ursprünglich hat die FMA eine sie verpflichtende Empfehlung des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG) umgesetzt. Dort sitzen Vertreter des Finanzministeriums, von denen einer das Gremium auch leitet, sowie Vertreter der Nationalbank (OeNB), des Fiskalrats und der FMA.
So fühlt sich die FMA nun offenbar nicht unmittelbar, sondern erst in weiterer Folge für eine etwaige Änderung zuständig. Sie wartet auf eine nötige Empfehlung des FMSG, die sie dann umsetzen muss: "Wir haben den Brief umgehend an den Vorsitzenden des Finanzmarktstabilitätsgremiums weitergeleitet, denn das FMSG hat auf Basis eigener Analysen und OeNB-Studien der FMA diese Vorgaben gemacht", sagte ein FMA-Sprecher am Freitag auf Anfrage der APA. "Wir gehen davon aus, dass das FMSG auf Basis neuer Fakten die Entwicklung, Angemessenheit und Zielgerichtetheit der Verordnung evaluieren wird. Gegebenenfalls werden wir die uns verpflichtende Empfehlung des FMSG regulatorisch umsetzen."
Änderung frühestens 2024
"Insbesondere junge Familien sind nicht mehr in der Lage, sich eigenen Wohnraum zu schaffen", kritisiert der Finanzminister. "Gerade die Fremdfinanzierung über Kredite ist hier ein wesentliches Mittel und daher ist der Zugang zu Krediten unerlässlich." Brunner betont aber auch, dass "die Stabilität des Bankensektors und der Schutz von Kreditnehmern vor einer möglichen Überschuldung prioritär sind". Dieses Ziel hat die Verordnung in erster Linie.
Die FMA hatte eine entsprechende FMSG-Empfehlung in eine Verordnung gegossen, die nach Begutachtung in Kraft trat. Bis eine Änderung in Kraft tritt, könnte es etwas dauern. Denn die Banken müssen erst seit 1. Oktober die Daten entsprechend sammeln, bis dann einige Monate stichhaltig ausgewertet werden können, wird es 2023.
Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich jedenfalls verändert, erinnert Brunner. Die Kapitalmarktzinsen sind gestiegen, der ökonomische Ausblick ist düster. So sei "zusätzlich zur regulatorischen Hemmung bei der Kreditvergabe auch erweiterte Vorsicht bei den Kreditinstituten eingetreten".
Mehr Eigenkapital, Obergrenze der monatlichen Belastung
Also lässt es das neue Umfeld für Brunner prüfenswert erscheinen, "ob in der aktuellen Situation seitens der Regulierungsbehörde eine Lockerung sinnvoll ist. In diesem Sinne rege ich an, zu prüfen, ob die FMA-Verordnung in ihrer derzeitigen Form noch zeitgemäß ist oder wo Verbesserungsmöglichkeiten im Sinne der Finanzmarktstabilität auf der einen und der sinnvollen Kreditfinanzierung für Privatpersonen auf der anderen Seite möglich sind." Und weiter: "Ich denke, dass wir gemeinsam mit einer praxistauglicheren Regelung der Kreditvergabe unter Beweis stellen könnten, dass die Behörden in Österreich den Menschen helfen und in der Lage sind, eigene Entscheidungen regelmäßig einer Objektivierung zu unterziehen."
Seit Mitte des heurigen Jahres sind zuvor nur empfohlene Kriterien bei der Neuvergabe von Finanzierungen rechtsverbindlich. Für den Kauf einer Immobilie müssen 20 Prozent des Kaufpreises (inklusive Nebenkosten) in Form von Eigenkapital nachgewiesen werden, die monatliche Kreditrate darf höchstens 40 Prozent des monatlichen verfügbaren Nettohaushaltseinkommens ausmachen und die Laufzeit der Finanzierung 35 Jahre nicht übersteigen. "Ziel dieses Maßnahmenpaketes ist es, die zunehmenden systemischen Risiken bei der Wohnimmobilienfinanzierung angesichts von Immobilienpreisboom, fragilen Niedrigzinsumfeld sowie der derzeitigen Kreditvergabepraxis zu begrenzen", hatten die FMA-Vorstände Ettl und Müller im Vorfeld der Umsetzung betont.
Wahlkampf-Thema
Auch die niederösterreichische Landeshauptfrau und gewichtige ÖVP-Politikerin Johann Mikl-Leitner hatte dieser Tage bereits eine Überprüfung der KIM-VO seitens der FMA gefordert. Sie kündigte für Niederösterreich, wo im kommenden Jahr Landtagswahlen stattfinden, eine Haftungsübernahme und die Verlängerung der Laufzeit von Landesdarlehen an. Sie verwies auf die Teuerung, höhere Zinsen für Kredite und auch auf höhere Baukosten. Hinzu komme eben die Verschärfung durch die KIM-VO, die zusätzliche Hürden aufbaue, "unverhältnismäßig" und "überbordend" sei und damit den Handlungsspielraum schmälere. Immerhin sei ein Eigenheim "die beste Altersvorsorge". Zur Übernahme einer Haftung durch das Land erwarte sie das Okay der Finanzmarktaufsicht, so Mikl-Leitner.