In der zweiten Runde der Kollektivvertragsverhandlungen in der Metalltechnischen Industrie (FMTI) ist es Montag - erwartungsgemäß - zu keiner Einigung gekommen. Einen Fortschritt gab es trotzdem, nunmehr liegt nach der Forderung der Arbeitnehmer von 10,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt das Angebot der Arbeitgeber vor: Plus 4,1 Prozent, somit deutlich unter der für die Verhandlungen traditionellen Basis der Jahresinflation, die 6,3 Prozent beträgt.
Die Gewerkschaften PRO-GE und GPA sprachen nach der Verhandlungsunterbrechung von einer Provokation. "Zwischen 19. und 21. Oktober werden Betriebsversammlungen in der gesamten Metallindustrie abgehalten", teilten sie Montagabend mit.
Kommentar zum Thema
"Das Angebot ist angesichts der besonders erfolgreichen vergangenen Jahre und des aktuellen Wirtschaftswachstums eine Provokation. Das Verhandlungsteam der Gewerkschaften lehnt das Angebot als völlig unzureichend ab. Die Betriebsrätinnen und Betriebsräte werden daher bereits diese Woche die Belegschaften bei Betriebsversammlungen informieren und vorsorglich Beschlüsse für gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen einholen", sagen die beiden Chefverhandler, Rainer Wimmer (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA). Die Forderung der Arbeitnehmer nach 10,6 Prozent mehr Lohn und Gehalt bleibe weiter aufrecht.
Angebot ist eine "Verhöhnung"
Auch im Ö1-Morgenjournal am Dienstag legte Wimmer nach: "Das Angebot ist eine Verhöhnung. Viele Arbeitnehmer kämpfen um ihre Existenz – wir hatten in den letzten 12 Monaten sensationelle Ergebnisse in den Betrieben – da wäre es unredlich, die Arbeitnehmer bei diesen Ergebnissen außen vorzulassen." Wimmer weiter: Die Stimmung ist jetzt jedenfalls im Keller - die Arbeitnehmer fühlen sich nicht ernst genommen."
Die Gewerkschaften werfen den Arbeitgebern vor, Verschlechterungen bei Arbeitszeit und Überstundenabgeltung zu planen. So sollen zum Beispiel längere Phasen mit sehr langen Arbeitszeiten (60-Stunden-Woche) möglich und die Plus- sowie Minusstundenkontingente deutlich erhöht werden. "Das bedeutet im Klartext, arbeiten bis zum Umfallen und gleichzeitig weniger Lohn und Gehalt durch den Wegfall von Überstundenzuschlägen. Das werden wir nicht zulassen", so die beiden Gewerkschafter Wimmer und Dürtscher.
Staatliche Maßnahmen
Aus Sicht der Arbeitgeber bietet ihr Angebot -unter Einberechnung der Anti-Teuerungsmaßnahmen der Bundesregierung - eine Abdeckung der gestiegenen Lebenshaltungskosten "zu mehr als 100 Prozent". Außerdem hätten sie die Möglichkeit von Gewinnbeteiligungen angeboten.
"Nimmt man die vorgeschlagenen 4,1 Prozent Lohn- und Gehaltserhöhung und rechnet die Teuerungsmaßnahmen, die zwischen 50 und 100 Prozent der zusätzlichen Kosten für die Beschäftigten und ihre Familien abdecken, dazu, so ist das ein Teuerungsausgleich von 100 Prozent und bei vielen Menschen sogar deutlich mehr. Zusätzlich wäre es möglich, die Beschäftigten mit innovativen Lösungen direkt an Gewinn und Erfolg der Unternehmen zu beteiligen", so Christian Knill, Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie (FMTI) heute Abend in einer Aussendung.
Alle betroffen
Die über die Energiepreise importierte hohe Inflation trifft bei den Kollektivvertragsverhandlungen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer, sagt Wifo-Ökonom Benjamin Bittschi im Ö1-Morgenjournal.
Dass die Arbeitgeberseite bei den Verhandlungen die Antiteuerungsmaßnahmen der Regierung bei den KV-Verhandlungen berücksichtigen will, ist für den Ökonomen nicht ganz nachvollziehbar – auch wenn dadurch die Kaufkraftsicherung gestützt werde. Dass der Staat so direkt auf die Lohnverhandlungen Einfluss nehmen könnte, sieht er nicht. "Salopp ausgedrückt: Der Staat hat nichts zu verschenken. Die Antiteuerungsmaßnahmen basieren auf Steuereinnahmen oder Schulden. Einen Teil dieser Maßnahmen würden sich die Beschäftigten somit selbst bezahlen. Abgesehen davon würden diese Pakete zum Teil auch den Unternehmen zugutekommen." So etwa die Senkung der Körperschaftssteuer. Oder der Handel, der von höheren Konsumausgaben profitiert.
Die Arbeitnehmer seien derzeit eher bemüht, die Verhandlungen rasch abzuschließen, da die Wirtschaftsaussichten nicht besser werden, nimmt Bittschi an. Die Arbeitgeberseite wiederum dürfte seiner Meinung nach mehr Zeit haben. Schließlich könnten dann schlechtere Wirtschaftszahlen ins Treffen geführt werden.