"Es ist die Absicht des Unternehmens, diese Transaktion abzuschließen", teilte der Online-Dienst Twitter nüchtern mit. Dahinter steckt eine überaus spektakuläre Kehrtwende, die sich in der vergangenen Nacht vollzogen hatte. Denn US-Milliardär Elon Musk wird Twitter nun doch kaufen. Sein Anwalt schrieb in einem von der US-Börsenaufsicht SEC veröffentlichten Brief an Twitter, die Übernahme solle zu den im April beschlossenen Bedingungen vollzogen werden. Als Voraussetzung verlangt der Chef des Elektroautobauers Tesla aber ein Ende des laufenden Rechtsstreits mit Twitter über die Übernahme. Der Kauf solle zu dem ursprünglich von Musk angebotenen Preis von 54,20 Dollar (rund 54 Euro) pro Aktie stattfinden, ergänzte Twitter.
Diese überraschende Entwicklung sorgte auch dafür, dass die Aktien von Twitter ins Rampenlicht des Börsengeschehens rückten. Am Mittwoch ebbte der Höhenflug vom Vortag mit einem Minus von zwischenzeitlich 1,9 Prozent etwas ab – am Dienstag wurde – nach zwischenzeitlicher Handelsaussetzung ≥ noch ein Kurssprung von 22 Prozent verzeichnet.
Musk legte die Gründe für seine Kehrtwende unterdessen nicht wirklich offen. Auf Twitter schrieb er nur kryptisch, den Online-Dienst zu kaufen, beschleunige "die Schaffung von X, die App für alles". Näheres schrieb Musk dazu nicht. Im August hatte Musk gesagt, Twitter könne für seine ursprüngliche Vision des X.com-Unternehmens hilfreich sein, das er 1999 gegründet hatte. X.com war ein Start-up für Online-Bankgeschäfte, das später in PayPal aufging.
Kurz vor Start des Milliarden-Prozesses vor Gericht
Twitter und Musk hatten im April eine Übernahme des Kurzbotschaftendienstes durch den reichsten Menschen der Welt für einen Preis von 54,20 Dollar pro Aktie verkündet. Der Kaufpreis lag damit bei 44 Milliarden Dollar. Anfang Juli ließ Musk den Deal jedoch wegen angeblich "falscher und irreführender" Angaben des Kurzbotschaftendienstes platzen. Hintergrund ist die Zahl von Fake- oder "Bot"-Konten auf Twitter. Musk wirft Twitter vor, die Zahl der echten Nutzer zu hoch anzugeben.
Twitter weist Musks Anschuldigungen zurück und zog vor Gericht, um den Multimilliardär zum Vollzug der Übernahme zu zwingen. Der Prozess sollte am 17. Oktober im Bundesstaat Delaware beginnen. Aber "ich denke, Musk ist klar geworden, dass er diesen Prozess nicht gewinnen wird", sagte Jura-Professor Carl Tobias von der Universität Richmond der Nachrichtenagentur AFP.
Offene Schleusen unter Musk?
Die bevorstehende Twitter-Übernahme durch Musk löst bei vielen Kritikern aber auch die Sorge aus, dass der Milliardär die Schleusen des Online-Netzwerks für noch mehr Desinformation und Verschwörungstheorien öffnen könnte. Musk hatte sich als Verfechter der Meinungsfreiheit stilisiert und unter anderem angekündigt, dass der rechtspopulistische frühere US-Präsident Donald Trump zu Twitter zurückkehren dürfe, wenn ihm der Online-Dienst gehöre. Trump war von Twitter ausgeschlossen worden, nachdem es Anfang 2021 infolge der von Trump geschürten und durch nichts belegten Zweifel an der US-Präsidentenwahl zum gewaltsamen Sturm auf das Kapitol in Washington gekommen war.