Bereits vor gut zwei Wochen hat Stefan Stolitzka, Präsident der steirischen Industriellenvereinigung, im Interview mit der Kleinen Zeitung von einer "Alarmstufe Rot in der steirischen Industrie" gesprochen. Die Lage in vielen Unternehmen spitze sich vor dem Hintergrund der hohen Energiekosten dramatisch zu. 

Am Montagnachmittag erneuerte Stolitzka diesen auch an die Politik gerichteten Appell. Immer mehr steirische Unternehmen müssten konkrete Pläne zur Abschaltung von Produktionsteilen oder gar ganzer Produktionen ausarbeiten, warnt Stolitzka. Binnen eines Jahres haben sich die Preise auf den Spotmärkten für Strom versechsfacht, jene für Gas sogar verzehnfacht. Eine Erhebung der IV Steiermark habe ergeben, dass in energieintensiven Branchen der Energiekostenanteil an den Herstellkosten von ursprünglich 15 Prozent auf 50 Prozent, zu Spitzenzeiten sogar auf 80 Prozent gestiegen ist. Preise, die immer häufiger nicht mehr weitergegeben werden könnten, "Kunden bedienen sich zusehends Lieferanten aus anderen Regionen der Welt". Steirische Unternehmen würden an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, da sich die Energiepreise außerhalb Europas nicht annähernd auf diesem Niveau bewegen würden.

"Wir haben das Gefühl, dass die volle Tragweite der Situation vielen Entscheidungsträgern in Österreich nicht bewusst ist", so Stolitzka. "Alle Konjunkturindikatoren zeigen nach unten – die meisten von ihnen deutlich. Wir müssen davon ausgehen, dass der Herbst und das Frühjahr enorm herausfordernd werden, es droht uns eine Rezession in Europa."

"Zeit des Diskutierens ist vorbei"

Die Politik müsse rasch einen Rahmen sicherstellen, "in dem Unternehmen in der Energiekrise bestehen können". Staaten wie Österreich und die Europäische Union seien gefordert, "die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen so gut es geht abzufedern", so Stolitzka. Die Zeit des Diskutierens auf EU-Ebene sei nun vorbei, hinsichtlich der Entkoppelung von Gas- und Strompreis müsse gehandelt werden. Zwei Instrumente, die aus seiner Sicht dringend umgesetzt werden müssten, um dies zu erreichen, seien der temporäre Ausgleich beim Gaspreis ("Extreme-Peak-Modell") und die Begrenzung des Strompreises ("Strompreis-Cap").

Energiekostenzuschuss, Kurzarbeit ...

Auf nationaler Ebene brauche es, zur Stärkung der Liquidität betroffener Unternehmen, rasche und unbürokratische Hilfe, "insbesondere einen im Volumen ausreichend ausgestatteten Energiekostenzuschuss". Außerdem müsse das Instrument der Kurzarbeit von einem am Papier funktionierenden zu einem in der Praxis anwendbaren Instrument umgebaut werden, erneuert Stolitzka seine Forderung. "Wenn Betriebe ihre Mitarbeiter in dieser schwierigen Zeit nicht mithilfe von Kurzarbeit binden können, gefährdende wir deren Möglichkeit, die Produktion in stabileren Zeiten wieder hochfahren zu können".

"Massive Verunsicherung in den Betrieben"

Auch steirische Klein- und Mittelbetriebe, ob Handwerk oder Gewerbe, seien „vielfach in hohem Maße beunruhigt und verzweifelt“, sagt Spartenobmann Hermann Talowski. „Vor allem für jene Betriebe, bei denen derzeit Energieverträge, ob Strom oder Gas, auslaufen – und für die Neuverträge mit fünf- bis zehnfachen Energiekosten einhergehen, geht es teilweise um die Existenz.“ Klar sei, dass solche Preissteigerungen nicht mehr an Kundinnen und Kunden weitergegeben werden können. Die Regierung sei gefordert, „Hilfen für Unternehmen endlich zu konkretisieren, um dieser massiven Verunsicherung etwas entgegenzusetzen“, so Talowski. „Wir haben viele Vorschläge eingebracht.“ Handle die Politik nicht, „wird’s schwierig für die Betriebe, ihre Produktion aufrechtzuerhalten, mit unmittelbaren Folgen auf Arbeitslosen- und Kurzarbeitszahlen“. Manfred Neuper