Die Beschlägehersteller-Gruppe Julius Blum GmbH - Vorarlbergs größter Arbeitgeber - fährt laut Vorarlberger Medienberichten die Produktion in Vorarlberg und Polen zurück. Grund seien überraschend starke Nachfragerückgänge in einigen Märkten und anhaltende Herausforderungen entlang der Lieferketten, die zu vollen Lagern geführt hätten. Einen Personalabbau plane man derzeit aber nicht, so die Geschäftsführung am Freitag.
Konkrete Zahlen zu den Auftragsrückgängen nannten die Geschäftsführer Philipp Blum und Martin Blum nicht. "Wir haben zwar nach zwei Jahren mit überdurchschnittlichen Produktionsmengen klar mit einem Rückgang gerechnet. Aber die Schnelligkeit war wesentlich rasanter als es vorherzusehen war. Trotzdem sind wir vorbereitet und bremsen in einigen Bereichen vorsichtig unsere Produktion, um so schnell wie möglich wieder den notwendigen Platz für die Lagerprozesse zu schaffen. Das funktioniert nur Schritt für Schritt, aber nur so erhalten wir die am Markt erforderliche Flexibilität", erklärte Geschäftsführer Martin Blum. Teilbereiche der Produktionskapazität sollen um bis zu 20 Prozent zurückgefahren werden, davon seien rund 250 Mitarbeiter betroffen. Martin Blum ging aber davon aus, dass sich diese Zahl noch erhöhen werde.
Überstunden abbauen
Von den Mitarbeitern ist nun Flexibilität gefragt: So werde man etwa Personal verstärkt zwischen den Werken verschieben, Überstunden abbauen und Zeitkonten flexibel nutzen. Die Betreffenden seien informiert. Man schließe nicht ganze Schichten, sondern passe punktuell und tagweise an, so die Geschäftsführer. Man versuche unter allen Umständen, mit diesen im Einvernehmen mit dem Betriebsrat getroffenen Maßnahmen einen Personalabbau zu verhindern. "Das ist derzeit von uns nicht geplant, aber wir können nicht in die Zukunft schauen", hieß es.
"Besonders in Europa sind die Menschen verunsichert und investieren aktuell wenig in Möbel und ihr Zuhause", so Philipp Blum. Besonders getroffen habe die verhaltene Konsumstimmung die Hersteller von günstigen Küchen, man stochere derzeit wie die gesamte Branche "im Nebel", was die künftige Nachfrage angehe. Derzeit gebe es im günstigen Einstiegsbereich der Blum-Produkte deutliche Rückgänge, während höherpreisige Produkte weiter gefragt seien. Möbel seien dabei stärker unter Druck als Küchen. Auf dem großen Markt China sei die Nachfrage nach Möbeln aufgrund der strengen Coronapolitik mit langen Lockdowns stark zurückgegangen. Viele der Blum-Kunden hätten infolge der Lieferengpässe in der Corona-Zeit große Lager angelegt, diese seien nun voll, was Blum seit Ende Juli zu spüren bekomme. Eine IT-Umstellung im Bereich Material- und Produktionsmanagement habe die Ein- und Auslagerungsprozesse zusätzlich erschwert. In den USA laufe das Geschäft nach wie vor gut.
Noch im Juli hatte Blum von einer Umsatzsteigerung im Geschäftsjahr 2021/22 (per 30. Juni 2022) berichtet, nämlich um rund 266 Millionen Euro bzw. 11,2 Prozent auf 2,643 Milliarden Euro (2020/21: 2,377 Milliarden Euro). Zur Ertragssituation macht das Familienunternehmen traditionell keine Angaben. 44 Prozent der Umsätze wurden in der EU erwirtschaftet, 13 Prozent in den USA. Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 9.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon fast 7.000 in Vorarlberg.