Weniger Wachstum als ursprünglich erwartet, sorgt nun nach der Krypto-Plattform Bitpanda auch beim Nachhilfe-Start-up GoStudent für einen größeren Jobabbau. Die Lernplattform wird rund 10 Prozent des Personals abbauen. "Mitte des Jahres hatten wir noch etwa 1800 Leute, bis Ende des Jahres werden wir bei etwa 1600 Leuten stehen", kündigte Felix Ohswald, Mitgründer und CEO von GoStudent, am Donnerstag im Interview mit dem Wiener Digitalportal "Trending Topics" an.
Betroffen sind nicht nur Wien, sondern alle globalen Standorte. Zudem wird die Firma das erst in diesem Jahr gestartete Geschäft in den USA wieder einstellen und die US-Geschäfte von Kanada aus managen. Der Fokus werde künftig auf den Kernmärkten Deutschland, Österreich und Schweiz (DACH), Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien liegen.
Nachfrage stark, Zugang zu Kapital schwierig
GoStudent hatte ursprünglich für das kommende Jahr ein Wachstum von 250 Prozent prognostiziert. "Das haben wir nun auf 80 Prozent reduziert", so Ohswald. Der Zugang zu Kapital sei schwieriger geworden. Auch Bitpanda hatte Ende Juni wegen schlechteren Geschäftsaussichten einen Personalabbau angekündigt. Dort soll die Mitarbeiterzahl von mehr als 1.000 auf 730 reduziert werden.
Ohswald sieht die Lernplattform aber trotz aktueller Probleme am Markt als sehr krisenresistent an. Die Nachfrage sei weiterhin sehr stark. "Das Thema Bildung erlebt gerade einen gewaltigen Boom (...). Außerdem gibt es einen starken Mangel an Lehrkräften, weswegen viele Firmen am Start sind, die versuchen, hier innovative Lösungen zu präsentieren." Es gebe immer wieder einen kleinen Anteil an Kunden, der aufhöre zu zahlen. "Hier sehen wir aber bislang noch keinen signifikanten Anstieg", so Ohswald.
Missbrauchsvorwürfe gegen Lehrer
Das Nachhilfe-Start-up war zuletzt immer wieder in den Schlagzeilen. Erst im August wurden Missbrauchsvorwürfe gegen einen ihrer Nachhilfe-Lehrer öffentlich. Der Lehrer soll einen Schüler auf der Online-Nachhilfeplattform sexuell belästigt haben. Ohswald dazu: "Wir haben, als wir von diesem Fall gehört haben, sofort alles in unserer Macht Stehende getan und uns sofort von dem belangten Tutor gelöst. Wir haben auch die Eltern und psychologische Unterstützung sowie Unterstützung durch eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft angeboten. Ebenfalls haben wir begonnen, neue Safeguarding-Prinzipien einzubauen."
Davor waren auch die Arbeitsbedingungen bei der Firma im Fokus. Aktuelle und ehemalige Nachhilfe-Tutorinnen und -Tutoren hatten schwere Vorwürfe erhoben. "Wir nehmen jeden Vorwurf von Tutor:innen immer ernst. Wir machen ja auch laufende Feedback-Runden mit den Tutor:innen und den Familien", so Ohswald.
GoStudent wurde zuletzt mit 3 Milliarden Euro bewertet und ist in insgesamt 20 Märkten aktiv. Im Jänner erhielt die Lernplattform rund 300 Millionen Euro von Risikokapitalgebern.