Durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 wird von diesem Samstag an anders als angekündigt weiter kein Gas fließen. Das teilte der Staatskonzern Gazprom am Freitagabend bei Telegram mit. Grund sei ein Ölaustritt in der Kompressorstation Portowaja. Bis zur Beseitigung bleibe der Gasdurchfluss gestoppt. Zuvor hatten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die G7-Länder damit gedroht, durch einen "Preisdeckel" auf russisches Gas und Öl die Einnahmen Russlands zu kappen.
Bis Freitag war noch damit gerechnet worden, dass nach Abschluss der angekündigten dreitägigen Wartungsarbeiten ab Samstag in der Früh wieder Gas durch die Leitung fließt.
Gazprom zufolge ist das Leck bei den gemeinsam mit Experten von Siemens Energy erledigten Wartungsarbeiten an der Station festgestellt worden. Das ausgetretene Öl sei an mehreren Stellen gefunden worden. Es sei nicht möglich, den sicheren Betrieb der letzten dort noch verbliebenen Gasturbine zu garantieren. Schon in der Vergangenheit sei es zu solchen Ölaustritten gekommen, hieß es.
"Leckagen könnten vor Ort abgedichtet werden"
Siemens Energy teilte auf Anfrage mit, dass man die jüngsten Meldungen zur Kenntnis genommen habe. "Als Hersteller der Turbinen können wir lediglich feststellen, dass ein derartiger Befund keinen technischen Grund für eine Einstellung des Betriebs darstellt." Solche Leckagen beeinträchtigten im Normalfall den Betrieb einer Turbine nicht und könnten vor Ort abgedichtet werden - das sei ein Routinevorgang im Rahmen von Wartungsarbeiten. Auch in der Vergangenheit sei es durch das Auftreten dieser Art von Leckagen nicht zu einem Stillstand des Betriebs gekommen.
Siemens Energy sei aktuell nicht mit Wartungsarbeiten beauftragt, stehe aber bereit, hieß es weiter. In der Verdichterstation Portowaja stünden außerdem genug weitere Turbinen für einen Betrieb von Nord Stream 1 bereit.
"Wesentlich besser gerüstet als vor einigen Monaten"
Seit Mittwochmorgen fließt kein Gas durch die zuletzt wichtigste Leitung für russisches Gas nach Deutschland. Grund sind laut dem russischen Energiekonzern Gazprom Wartungsarbeiten an einer Kompressorstation. Das Unternehmen hatte angekündigt, dass der Lieferstopp bis zum 2. September andauern werde.
Eine Sprecherin des deutschen Wirtschaftsministeriums erklärte am Freitagabend, die jüngsten Meldungen von Gazprom habe man zur Kenntnis genommen. "Wir kommentieren diese in der Sache nicht, aber die Unzuverlässigkeit Russlands haben wir in den vergangenen Wochen bereits gesehen und entsprechend haben wir unsere Maßnahmen zur Stärkung der Unabhängigkeit von russischen Energieimporten unbeirrt und konsequent fortgesetzt. Dadurch sind wir jetzt wesentlich besser gerüstet als noch vor einigen Monaten."
EU-Vorstoß für einen Preis-Deckel
Die deutsche EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, dass in der EU angesichts der drastisch gestiegenen Energiepreise weniger für russisches Gas gezahlt wird. "Ich bin der festen Überzeugung, dass es jetzt Zeit ist für einen Preis-Deckel auf russischem Pipeline-Gas nach Europa", sagte von der Leyen am Freitag auf einer Klausur der Unions-Bundestagsfraktionsspitze im oberbayerischen Murnau. Russland kündigte für diesen Fall einen Gaslieferstopp an. Die sieben führenden Industriestaaten (G7) hatten angekündigt, dafür sorgen, dass Russland weniger an seinem Öl verdient - und damit eine Finanzierungsquelle für den Krieg gegen die Ukraine austrocknen. Das Ziel sei ein internationaler Preisdeckel auf Importe von russischem Öl. In einer gemeinsamen Erklärung forderten die G7-Finanzminister am Freitag alle ölimportierenden Länder auf, sich dieser Maßnahme anzuschließen.
Der Umfang der angekündigten Lieferungen entsprach zunächst dem Niveau vor der Unterbrechung, also etwa 20 Prozent der maximal möglichen Menge und damit täglich 33 Millionen Kubikmeter Erdgas. Am späten Freitagnachmittag zeigten die vorläufigen Daten dann nur noch eine kaum nennenswerte Menge an.
"Es läuft nur eine Turbine"
Der russische Energieriese Gazprom sei nicht schuld daran, dass die Zuverlässigkeit der Leitung durch die Ostsee gefährdet sei, hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge am Mittag gesagt. Es gebe keine technischen Reserven. "Es läuft nur eine Turbine", sagte er auf die Frage eines Journalisten nach möglichen weiteren Unterbrechungen.
Bereits zuvor stark gedrosselt
Russland hatte die Gaslieferungen über die Ostseepipeline bereits im Juni auf 40 Prozent und im Juli auf 20 Prozent der Kapazität verringert und dies mit Wartungsproblemen und Sanktionen begründet, etwa bei der Rückgabe einer im Westen überprüften Turbine. Anschließend hatte Gazprom eine Unterbrechung der Lieferung wegen Wartungsarbeiten angekündigt. Westliche Staaten wie etwa Deutschland und Frankreich werfen der Führung in Moskau vor, die Gasversorgung als Kriegswaffe einzusetzen. Russland hatte am Mittwoch zum zweiten Mal binnen weniger Wochen den Gastransport nach Deutschland und in weitere Länder Europas durch Nord Stream 1 gestoppt.