Nach dem Ende eines dreitägigen Lieferstopps sind für Samstag Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 angekündigt. Das geht aus vorläufigen Daten der Website der Nord Stream AG hervor. Demnach sind ab Samstagmorgen, 2.00 Uhr wieder Gaslieferungen vorgemerkt. Der Umfang entspricht den Lieferungen vor der Unterbrechung, also etwa 20 Prozent der maximal möglichen Menge und damit täglich 33 Millionen Kubikmeter Erdgas. Der Kreml schließt weitere Unterbrechungen nicht aus.
Bei den Vormerkungen - den sogenannten Nominierungen - handelt es sich um Vorabinformationen für Gasnetzbetreiber, damit diese nennenswerte Mengen transportieren können. Solche Nominierungen können sich noch bis kurz vor der tatsächlichen Lieferung ändern. Die bisher veröffentlichten Daten bilden nur die Zeit bis Samstagmorgen 6.00 Uhr ab, da dann ein neuer Gastag beginnt.
Zweifel an der Begründung
Seit Mittwochmorgen fließt kein Gas durch die zuletzt wichtigste Leitung für russisches Gas nach Deutschland. Grund sind laut dem russischen Energiekonzern Gazprom Wartungsarbeiten an einer Kompressorstation. Das Unternehmen hatte angekündigt, dass der Lieferstopp bis zum 2. September andauern werde.
Zweifel an der Begründung hatte der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, geäußert. Auch im Zusammenhang mit der Drosselung auf ein Fünftel der Maximalleistung hatte Gazprom auf technische Gründe verwiesen. Zweifel daran kamen unter anderem von der Bundesregierung.
"Es läuft nur eine Turbine"
Der russische Energieriese Gazprom sei nicht schuld daran, dass die Zuverlässigkeit der Leitung durch die Ostsee gefährdet sei, meinte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Es gebe keine technischen Reserven. "Es läuft nur eine Turbine", sagte er auf die Frage eines Journalisten nach möglichen weiteren Unterbrechungen.
Laut dem Staatskonzern muss die letzte verbliebene Turbine in der Kompressorstation alle 1000 Arbeitsstunden gewartet werden. Damit dürfte Mitte Oktober der nächste Stopp anstehen.
EU erwägt Preisdeckel auf russisches Pipeline-Gas
Unterdessen will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dass in der EU angesichts der drastisch gestiegenen Energiepreise weniger für russisches Gas gezahlt wird. "Ich bin der festen Überzeugung, dass es jetzt Zeit ist für einen Preis-Deckel auf russisches Pipeline-Gas nach Europa." Ein solcher Gaspreis-Deckel kann nach Worten von der Leyens auf europäischer Ebene vorgeschlagen werden.
Zuvor hatte die EU-Kommission in einem Entwurf von einem Preisdeckel am Großhandelsmarkt innerhalb der EU als Notfallmaßnahme abgeraten, da dies Angebot und Nachfrage verzerren könnte. Von der Leyen fordert hingegen, die Preise für Gasimporte über Pipelines aus Russland zu deckeln. Dies könnte auch zu niedrigeren Preisen in der EU führen. Es besteht jedoch das Risiko, dass Russland zu dem niedrigeren Preis kein Gas mehr liefert.
"Es wird einfach kein russisches Gas in Europa geben"
Der frühere russische Präsident und Vizechef des Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, drohte der EU im Falle eines Preisdeckels mit einem Lieferstopp. Er schrieb im Nachrichtenkanal Telegram: "Es wird wie Öl sein. Es wird einfach kein russisches Gas in Europa geben."
Preise sinken weiter
Im Gas-Großhandel sanken die Preise am Freitag weiter. Am Nachmittag lag der Preis des Terminkontrakts TTF für niederländisches Erdgas bei 221 Euro je Megawattstunde. Am Vortag hatte er noch bei 243 Euro gelegen. Der Kontrakt wird als richtungsweisend für die Gaspreise in Europa angesehen. Freitag vergangener Woche hatte sein Preis bei 347 Euro gelegen.
Die Gasspeicher in Deutschland füllen sich weiter. Nach neuesten Angaben der Bundesnetzagentur lag der Füllstand am Mittwoch (31. August) bei 84,3 Prozent. Damit ist das für den 1. Oktober vorgeschriebene Speicherziel von mindestens 85 Prozent schon einen Monat eher in Sichtweite.