Es hat schon eine gewisse Tradition: Wenn beim steirischen Hörakustiker Neuroth Jubiläen anstehen, soll möglichst die gesamte Belegschaft mitfeiern. So sind derzeit fast 800 der insgesamt 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einladung gefolgt. Die Jubiläumsveranstaltung ging u. a. mit der Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr, Wirtschaftsstadtrat Günter Riegler und Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß im Grazer Joanneumsviertel über die Bühne.
Das 115. Jahr des Bestehens wird bis einschließlich Sonntag in Graz zelebriert, mit einem Mix aus Geselligkeit – vom Jazzabend über die lange Nacht des Hörens bis hin zum fachlichen Austausch. Auch der öffentliche Raum wird bespielt, mit Installationen und Hörerlebnissen in der Grazer Innenstadt. Besonders sticht hervor, dass das Familienunternehmen in der Landhausgasse einen eigenen Pop-up-Store bezogen hat, der ab 5. September als eine Art Filiale auf Zeit dient, die in den nächsten ein bis zwei Monaten neben der Produktpalette auch ein kleines Firmenmuseum bietet.
"Selbstbewusster ein Hörgerät tragen"
Die Zeit der 20 Kilogramm schweren Tischapparate von Gründerin Paula Neuroth aus dem Jahr 1907 sind Geschichte, heute sind es smarte, leistungsstarke Winzlinge, die zur Wiedererlangung der „Hörstärke“ beitragen. „Hörstärke“ ist nun auch jener Begriff, mit dem Neuroth künftig operiert, „wir wollen noch stärker Vorurteile und Klischees aufbrechen“, sagt Lukas Schinko. Der 35-Jährige, der selbst Hörakustik-Meister ist, führt das Unternehmen – in nunmehr vierter Generation – bereits seit 2011. Ziel sei zum einen, dass Menschen noch selbstbewusster und selbstverständlicher ein Hörgerät tragen und auch nicht erst dann reagieren, „wenn der Leidensdruck so groß ist, dass bereits Lebensqualität und soziale Kontakte darunter leiden“. Im Schnitt, so zeigen es Studien, würden Betroffene sieben bis zehn Jahre warten, bis sie sich helfen lassen. Daher gehe es "um einen neuen und offenen Zugang mit dem Thema", so Schinko.
Binnen eines Jahres neun Standorte in Serbien
Die vergangenen Jahre standen bei Neuroth stark im Zeichen hoher Investitionen, u. a. auch in die Digitalisierung. Große Bedeutung kommt dabei dem Millionen-Investment in das neue Technik- und Logistikzentrum in Lebring zu, das im Herbst 2020 bezogen wurde. Soeben wurde mit Banja Luka in Bosnien der Markteintritt im mittlerweile achten „Neuroth-Land“ (neben Österreich, Deutschland, Schweiz, Liechtenstein, Slowenien, Kroatien, Serbien) gestartet. Der nächste logische Schritt sei auch ein Standort in der Hauptstadt Sarajewo, vier bis sechs Filialen sollen es in Bosnien insgesamt werden, so Schinko. In Serbien hat das Familienunternehmen vor gut einem Jahr Fuß gefasst, „dort sind es mittlerweile neun Standorte“.
Noch Potenzial im süddeutschen Raum
Während man in Österreich, mit 140-Fachinstituten sowie in der Schweiz (70) eine gute Abdeckung gegeben sieht, ortet man beispielsweise im süddeutschen Raum noch Potenzial. Der Jahresumsatz der Gruppe mit 260 Standorten lag 2021 bei rund 140 Millionen Euro – die Einbußen aus der ersten Coronaphase konnten wettgemacht werden. In der Ausbildung spiele die hauseigene Akademie ebenso eine Schlüsselrolle wie das eigens etablierte Berufsbild Hörberaterin/Hörberater für die mittlerweile 500 unterschiedlichen Hörgerät-Modelle sowie Gehörschutzvarianten. Sie sind auch Schnittstelle zu den Hörakustikern. Im Management ist neben Schinko und Finanzchef Michael Paul seit Kurzem auch Barbara Tscheliessnigg als COO für die operativen Agenden vertreten.