Nachdem die Oppositionsparteien im gestrigen Hauptausschuss der Gas-Lenkungsmaßnahmen-Verordnung des Energieministeriums ihre Zustimmung verweigert haben, zeigt sich Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) grundsätzlich gesprächsbereit, was etwa die Forderungen der SPÖ angeht. Man könne aber keine Verordnung beschließen, die gegen das Energielenkungsgesetz verstoßen würde, das im Mai auch mit den Stimmen der SPÖ beschlossen worden sei, heißt es aus dem Ministerium.
Man werde die Oppositionsparteien zu weiteren Gesprächen einladen, um über deren konkrete Vorschläge zu sprechen, wie es nun weitergehen kann, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Mittwoch zur APA. Die SPÖ-Forderung, dass Unternehmen die vom Staat angeordneten Umrüstungen von Gas auf Öl oder Kohle selbst aus ihren "Übergewinnen" finanzieren sollten, sei allerdings mit dem Energielenkungsgesetz unvereinbar. Es handle sich dabei nicht um "Förderungen", sondern um einen Kostenersatz für Maßnahmen, die die Unternehmen nicht aus betriebswirtschaftlichen Gründen vornehmen würden, sondern auf Anordnung des Staates.
Verordnung in der nächsten oder übernächsten Woche?
Ersetzt werden sollen den Unternehmen die Kosten der Umrüstung. Ein Kostenersatz für Brennstoffe sei nur in dem Ausmaß vorgesehen, in dem Öl oder Kohle teurer wären als Gas, betonte der Sprecher. Die E-Control habe neben dem Kraftwerk Mellach noch 23 andere Unternehmen eruiert, die ihre Anlagen von Gas auf andere Energiequellen umrüsten könnten – damit könnte der Gasverbrauch um bis zu 16 Prozent gesenkt werden.
Sollte man sich bei den Gesprächen in den nächsten Tagen doch noch einig werden, könnte der Hauptausschuss in der nächsten oder übernächsten Woche neuerlich abstimmen, die Verordnung könnte dann theoretisch noch am selben Tag erlassen werden. Es sei jedenfalls Eile geboten, da die technische Umrüstung eine lange Vorlaufzeit habe und man für den Winter vorbereitet sein müsse.
"Gesetzeskonforme Vorschläge"
Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer fordert von der SPÖ so bald als möglich "gesetzeskonforme Vorschläge" für die Gas-Lenkungsmaßnahmenverordnung auf Basis des Energielenkungsgesetzes vorzulegen. "Eine Verordnung kann das Gesetz nicht aufheben", sagte Maurer zur APA.
Kritik übte Maurer an dem Stimmverhalten der Sozialdemokraten im Hauptausschuss am Dienstag. Es habe am 19. August ein Verhandlungsergebnis mit der SPÖ gegeben und am 23. August, wenige Stunden vor der Ausschusssitzung, dann einen kurzfristigen Sinneswandel. Durch die blockierte Verordnung werde die Versorgungssicherheit aufs Spiel gesetzt, so Maurer. Wenn der russische Präsident Wladimir Putin das Gas abdrehe, sei die Lenkungsverordnung "der Back-up-Plan".
"Mit Angst der Menschen spielen"
Die SPÖ weist die Kritik der Grünen zurück. "Mir kann niemand erklären, wieso die Österreicherinnen und Österreicher sowohl die Übergewinne als auch die Umrüstungskosten der Konzerne und damit doppelt zahlen sollen – einmal über ihre gestiegenen Energierechnungen und einmal über ihr Steuergeld", so SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll in einer Aussendung. Die Grünen würden "völlig verantwortungslos mit Angst der Menschen" spielen und "faktenbefreit agieren".
"Populistische Argumentationen"
Die von der Regierung anvisierte Reaktivierung des Kohlebetriebs in Mellach verzögert sich aber nun. "Allen, die jetzt eine Entscheidung verzögern oder verhindern wollen, sei gesagt: Je später diese gesetzliche Grundlage gegeben ist, umso später ist auch ein Einsatz des Kohlekraftwerks Mellach im Notbetrieb möglich", unterstrich der Aufsichtsratsvorsitzende des Verbunds, Martin Ohneberg, in einer Aussendung. Und er mahnt von den Parteien ein, ihre "volkswirtschaftliche Verantwortung" wahrzunehmen. "Wir wissen alle nicht, was die kommenden Monate bringen werden. Aber eines ist gewiss, wir müssen uns vorbereiten", so Ohneberg, der auch Präsident der Vorarlberger Industriellenvereinigung ist. Wenn der Verbund einen Teil dazu beitragen könne, dürfe dies nicht "durch populistische Argumentationen und parteipolitischen Hickhack" verunmöglicht werden, so Ohneberg.
Mellach würde bei einer als kompliziert geltenden Reaktivierung allerdings erst ab 2023 Energie liefern können, sagte Verbund-Chef Michael Strugl zuletzt. "An den Herbst ist nicht zu denken. Wir reden von 2023", sagte er.
"Großen Beitrag für die Allgemeinheit"
Die Industriellenvereinigung (IV) drängt indes auf Rechtssicherheit für die Unternehmen. "Die Umrüstung dort, wo sie möglich ist, ist ja eine sehr komplexe", sagte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer im Ö-1-"Morgenjournal" am Mittwoch. Die Umstellung sei auch "sehr kostenintensiv". Weil die Umstellung der Industrieunternehmen von Gas auf andere Energiequellen "einen großen Beitrag für die Allgemeinheit" liefere, sei eine finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand legitim.