Der 1. August und der 1. September gelten gemeinhin als jene beiden Stichtage, an denen die meisten Lehrlinge ihre Ausbildung beginnen, „das sind die besonders starken Aufnahmemonate“, bestätigt Gottfried Krainer, Leiter der Lehrlingsstelle in der steirischen Wirtschaftskammer. Ein Blick auf die aktuellen Ausbildungszahlen zeigt zum einen, dass die Lehrlingszahlen in der Steiermark (Stichtag 31. Juli) stabil sind: Exakt 13.282 Jugendliche absolvieren hierzulande eine duale Ausbildung, im Vorjahr waren es um diese Zeit 13.376. Aussagekräftiger sind dann die Herbst-Zahlen, wenn dann auch alle Lehranfänger von August und September einberechnet werden können. Dennoch wird deutlich: Bei den Lehranfängern im ersten Lehrjahr ergibt sich im bisherigen Jahresverlauf sogar ein Plus von 3,6 Prozent auf 4625.
Augenscheinlich ist aber auch, dass der Bedarf nach Lehrlingen weiter steigt – aber immer schwerer zu decken ist. „Die Situation hat sich noch einmal drastisch verschärft“, sagt Krainer. „Wir hören von sehr, sehr vielen Betrieben, dass sie sofort mehr Lehrlinge einstellen würden, quer durch das Land, quer durch alle Branchen.“
"Besetzung ist noch herausfordernder geworden"
Auch das untermauern die Statistiken: Standen im Vorjahr zu dieser Zeit laut AMS-Daten noch rund 1370 Lehrstellensuchende gut 1000 sofort verfügbaren offenen Lehrstellen gegenüber, sind es nun gut 1060 Lehrstellensuchende und fast 1210 sofort verfügbare offene Lehrstellen. Zählt man alle offenen Lehrstellen (sofort verfügbar und nicht sofort verfügbar) zusammen sind es steiermarkweit fast 2900 – um knapp 1500 mehr, als es Lehrstellsuchende gibt.
„All diese Daten zeigen, dass es noch herausfordernder geworden ist, Lehrstellen zu besetzen“, sagt Krainer. Gleichzeitig lasse sich daraus ablesen, „wie groß das Bewusstsein und das Interesse in den Betrieben an den Fachkräften der Zukunft ausgeprägt ist, das zeigen auch die enormen Investitionen in die Infrastruktur und die Qualität der Ausbildung in der jüngeren Vergangenheit“, betont Krainer.
Darauf verweist auch Wirtschaftskammer-Präsident Josef Herk. Erst vor Kurzem ist der Spatenstich für das neue „Center of Excellence“ am WK-Gelände in Graz erfolgt, in das mehr als 40 Millionen Euro investiert werden, „die modernsten Werkstatt- und Laboreinrichtungen sind für die Fachkräfteausbildung von immenser Bedeutung, auch hier wird die Attraktivität angehoben“, so Herk.
"Druck ist groß und steigt weiter"
Insgesamt sei die Nachfrage nach Fachkräften und Lehrlingen „so groß wie überhaupt noch nie, das ist eine gewaltige Herausforderung, der wir uns stellen müssen‘. Initiativen rund um Berufsorientierung und -information werden weiter forciert, „die Frage, wo es noch Potenziale gibt, beschäftigt uns ganz intensiv, der Druck ist groß und steigt weiter, wir können uns als Wirtschaftsstandort, auch im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit, schlicht nicht leisten, dass Jugendliche durch das Auffangnetz fallen und wir sie auf der Reise verlieren“, so Herk. Daher adressiere die Wirtschaft noch stärker, bisher auch „Bildungswechsler“. Dem Thema Fachkräfte widmet sich in der Steiermark daher heuer im September auch ein eigener Impulstag.
Auch in der steirischen Industrie bestätigt Teresa Habjan, Expertin der Industriellenvereinigung, „die ungebrochen hohe Nachfrage nach Fachkräften über alle Branchen hinweg“. Mehr als 300 Lehrstellen in steirischen Industriebetrieben seien sofort verfügbar. „Eine Vielzahl an Unternehmen sucht nach wie vor junge Menschen, Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger oder Maturantinnen und Maturanten, die eine Lehrstelle beginnen möchten“, so Habjan. Das Spektrum der Berufsbilder sei entsprechend breit, „Ausbildungsplätze sind beispielsweise in den Bereichen Metalltechnik, Elektrotechnik, Mechatronik, Prozesstechnik, Oberflächentechnik, Holztechnik und vielen anderen mehr sofort verfügbar“.