Russlands staatlicher Energiekonzern Gazprom unterbricht seine Gaslieferungen nach Europa über die Pipeline Nord Stream 1 neuerlich. Diesmal soll wegen einer "einer Reihe routinemäßiger Wartungsarbeiten" vom 31. August bis zum 2. September kein Gas durch die Ostsee nach Nordostdeutschland fließen, teilte das Unternehmen am Freitagabend mit. Bereits zuvor hatte Russland seine Gaslieferungen stark gedrosselt.
Vom 31. August bis zum 2. September werde der einzige funktionierende Kompressor gemeinsam mit Siemens Energy gewartet, so Gazprom. In dieser Zeit werde kein Gas nach Europa fließen. Sollten sich dabei keine technischen Fehler zeigen, könne der Gastransport danach mit einer Kapazität von 33 Millionen Kubikmetern pro Tag wieder aufgenommen werden. Die Menge entspricht 20 Prozent der täglichen Maximalleistung, auf die Russland die Lieferung schon vor einigen Wochen verringert hat.
Gasfluss seit längerem gedrosselt
Wegen angeblich nötiger Reparaturen hatte Gazprom schon seit längerem den Gasfluss auf 33 Millionen Kubikmeter gedrosselt. Um eine in Kanada reparierte Turbine zurückzuholen, bat Deutschland die Regierung in Ottawa um eine Ausnahme von den Sanktionen gegen Moskau. Doch als das Aggregat zurück in Deutschland war, zeigte Gazprom keine Eile, es einzubauen. Gazprom sprach von fehlenden Papieren. Die Bundesregierung warf Moskau deshalb vor, die technischen Probleme nur vorzuschützen.
Abhängigkeit verringern
Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine versuchen EU-Staaten wie Deutschland und Österreich ihre Abhängigkeit von russischem Erdgas zu verringern. Um die Speicher für die Heizsaison zu füllen, wird nach anderen Lieferanten gesucht. Österreich will seine Speicher bis November zu 80 Prozent voll haben.
"Einschüchterung und Verunsicherung"
"Putin nutzt die Abhängigkeit Europas von russischem Gas ganz gezielt aus", kritisierte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Freitagabend einmal mehr. "Die angekündigte Unterbrechung der Gaslieferungen über Nord Stream 1 zeigt deutlich: Russland verwendet Gaslieferungen als Mittel zur Einschüchterung und Verunsicherung", hieß es in einem schriftlichen Statement gegenüber der APA. "Russland ist kein verlässliches Gegenüber." Man arbeite weiter mit aller Kraft daran, die österreichischen Speicher zu füllen und unabhängiger zu werden, so die für die Energie zuständige Ministerin. "Die Expertinnen und Experten gehen gegenwärtig davon aus, dass das 80-Prozent-Speicherziel weiter erreichbar ist."
Die Einspeicherung erfolgt seit Anfang August in allen Gasspeichern Österreichs. Der Speicherstand der österreichischen Gasspeicher lag per 18. August laut AGSI-Datenbank der Interessenvereinigung Gas Infrastructure Europe (GIE) bei 61,02 Prozent. Diese Menge entspricht - rein rechnerisch - rund 65 Prozent eines normalen Jahresverbrauchs in Österreich.