Die hohe Inflation – zuletzt 9,2 Prozent im Juli – liegt unter anderem an stark gestiegenen Lebensmittelpreisen. Auch bei Hofer haben etliche Preise deutlich angezogen. Um wie viel wurde das Sortiment in den letzten zwölf Monaten teurer?
HORST LEITNER: Verstärkt durch die jüngsten internationalen Entwicklungen – vor allem die weltweit steigenden Energie- und Beschaffungskosten – musste auch Hofer die höheren Konditionen teilweise in den Verkaufspreisen abbilden. Sofern wir Preisanpassungen durchführen müssen, unternehmen wir alle Anstrengungen, diesen Faktor so gering wie möglich zu halten. Ein Beispiel dafür ist die kürzlich in den Medien thematisierte Preisentwicklung von Weizenmehl. Während der durchschnittliche Preisanstieg in Österreich im Vergleich zum Vorjahr bei rund 130 Prozent lag, konnten wir die Preisanpassung mit 103 Prozent deutlich geringer halten. Bei den pflanzlichen Ölen beträgt die allgemeine Teuerung 35 Prozent, bei unseren Ölartikeln im Durchschnitt nur 25 Prozent.
Ein Mitbewerber beklagt sich bitter über die "Gier der Lebensmittelindustrie" und deren "maßlos überzogenen Preisforderungen". Sind auch Sie mit solchen Forderungen konfrontiert?
Die gestiegenen Preise, mit denen unsere Lieferanten vor allem aufgrund von höheren Rohstoff- sowie Energie- bzw. Transportkosten konfrontiert sind, werden transparent im Sinne unserer Partnerschaft offengelegt. Hier sind wir mit unseren Eigenmarken-Produzenten klar im Vorteil – wir sind ein direkter Partner, sprich Hauptabnehmer und nicht wie bei Markenherstellern nur ein Abnehmer unter vielen Mitbewerbern. Bei Hofer machen 90 Prozent des Sortiments Eigenmarken aus. Viele Mitbewerber beziehen hingegen ihre Artikel von internationalen Markenherstellern – hier ist der Verhandlungsspielraum ein ungleich anderer als mit kleineren Partnern für Eigenmarken. Daher sind wir mit "maßlos überzogenen Preisforderungen" kaum bis gar nicht konfrontiert.
Vor einem Jahr sagten Sie im Gespräch mit der Kleinen Zeitung, "so viel Umbruch wie 2021" hätten Sie noch nie erlebt. Wie schätzen Sie das Umbruch-Potenzial des laufenden und des nächsten Jahres ein?
Die Dynamik an Wandel – nicht nur im Lebensmittelhandel – hat sich in den vergangenen Jahren beschleunigt. Die Veränderungen kommen, ob wir wollen oder nicht. Herausforderungen, wie aktuell zum Beispiel die größten Lieferkettenverwerfungen und eine für unser Land völlig untypische Inflation im hohen einstelligen Bereich, sehen wir trotz allem auch immer als Chance, weiteres Optimierungspotenzial zu identifizieren und Prozesse noch effizienter zu gestalten. Und dieser permanente Umbruch wird bleiben, Change ist immer ein Marathon ohne Ziellinie. Dafür braucht es einen langen Atem.
Droht naturgemäß teurerer Bio-Ware ein Absatzrückgang, weil die Haushaltsbudgets schmäler werden und die Preise steigen?
Generell stellen wir nur einen leichten Rückgang bei Bio-Produkten fest. Denn gerade Themen wie Bio und Nachhaltigkeit stehen bei unseren Kundinnen und Kunden nach wie vor hoch im Kurs. Das belegt auch der durchschnittliche Warenkorb, der – insbesondere seit Beginn der Coronapandemie – in den Bereichen Nachhaltigkeit, Frische und Regionalität deutlich gewachsen ist.
Bei welchen Waren bzw. Warengruppen gibt es Lieferprobleme, wo könnte die Versorgung künftig knapp werden bzw. bleiben?
Durch verschiedene Ursachen, wie längere Vorlaufzeiten bei der Produktion, logistische Kapazitäten oder teilweise stärkere Nachfrage, konnten wir zu Jahresbeginn und im Frühjahr nicht völlig ausschließen, dass es vereinzelt bei bestimmten Artikeln zu Engpässen kam, wie zum Beispiel bei Speiseöl. Mittlerweile hat sich die Situation wieder entspannt. Was uns hierbei auch in unsere Karten spielt, ist sicherlich das regionale Produzentennetzwerk.
Digitalisierung und Onlinekauf – die Megathemen der letzten Jahre – scheinen angesichts aktueller Probleme in den Hintergrund gerückt. Täuscht der Eindruck?
Die Digitalisierung macht auch im Handel keinen Stopp und bleibt weiter aktuell. Wir sind davon überzeugt, dass sich die digitale Welt mit dem stationären Geschäft sehr gut ergänzt und wir hier Synergieeffekte nutzen können. Allgemein beobachten wir den Online-Handel weiterhin genau und entwickeln das "Einkaufserlebnis Hofer", das online und offline miteinander verbindet, Schritt für Schritt weiter. Unser Ziel ist es dabei, den Service auf "multi touch points" zu optimieren – zum Beispiel durch Social-Media-Plattformen, über unser Kundenservicecenter, anhand von Newslettern oder über die Website.
Wie kommt der Online-Shop mit Zustellung von Hofer an?
Der Online-Shop mit Hauszustellung wird seit Oktober 2021 erfolgreich umgesetzt. Der Hofer-Lieferservice hat sich gut etabliert, wir können unseren Kundinnen und Kunden in Wien und Umgebung eine zusätzliche Möglichkeit anbieten, ihre Einkäufe bequem und von zu Hause aus zu erledigen. Erst vor Kurzem haben wir unser Angebot unter anderem auf Klosterneuburg und Mödling erweitert. Wir sind mit dem bisherigen Bestellaufkommen zufrieden und arbeiten laufend daran, den Lieferservice noch weiter zu optimieren.
Während der Coronazeit waren die großen Supermarktketten die Gewinner. Profitieren Diskonter wie Hofer jetzt von den angespannten Haushaltsbudgets?
Gerade in Zeiten der Preis-Volatilität vertrauen viele Kunden dem Diskontprinzip. Wir gehen davon aus, dass die Bevölkerung bei steigenden Preisen noch mehr unser gutes Dauertiefpreis-Angebot in Anspruch nehmen wird.