Seit Wochen wird diskutiert, wie man in Österreich mit den steigenden Energiekosten umgehen soll und kann. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) kündigte nun am Mittwoch in St. Pölten eine Entlastung von 11 Cent pro Kilowattstunde für 80 Prozent des durchschnittlichen Haushaltsverbrauchs an. Anders als im Bund diskutiert, wird also nicht die Stromrechnung gedeckelt, Niederösterreich springt vor der Landtagswahl nur zum Teil ein. Unklar ist, ob auch andere Bundesländer dem Bund vorausgehen wollen.
Abgestellt wird bei der Berechnung auf die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen. Der Rabatt soll ab September beantragt werden können. Das gesamte Fördervolumen beträgt 250 Millionen Euro. Das Paket beinhalte "ausgewogene Unterstützung für alle Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher" und schaffe "einen deutlichen Anreiz zum Energiesparen", betonte die Landeschefin bei einer Pressekonferenz. Zudem bringe das Modell "Treffsicherheit" – Fördervoraussetzung ist ein Hauptwohnsitz im Bundesland per 1. Juli. Keine Rolle spielt, bei welchem Energieversorger man den Strom bezieht.
Abzug direkt von der Stromrechnung
Ausgangspunkt der Berechnung der jeweiligen Haushaltsentlastung ist der von der E-Control angenommene durchschnittliche Jahresstromverbrauch. Für Einpersonenhaushalte sind das 1927 kWh pro Jahr, bei zwei Personen im Haushalt 3095 kWh und bei drei 4255 kWh. Abzüglich einer sogenannten Energiespartangente von 20 Prozent des Durchschnittsverbrauchs pro Haushalt ergibt sich das mit 11 Cent pro Kilowattstunde unterstützte förderfähige Stromvolumen. Die Entlastung wäre demnach für eine Person rund 170 Euro, bei zwei Personen 270 Euro und bei drei Personen 370 Euro pro Jahr.
Die Abwicklung soll gemeinsam mit den Energieversorgungsunternehmen erfolgen, angedacht ist ein Abzug direkt von der jeweiligen Stromrechnung. Zeitlich begrenzt ist die Förderung mit 30. September 2023. Finanziert werden soll die Maßnahme aus potenziellen Dividenden der Landesbeteiligungsholding, wurde betont.
Mikl-Leitner war vor rund eineinhalb Wochen medial für eine Strompreisdeckelung eingetreten und wird nun im Land tätig. Auf Bundesebene wird über einen von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr zur Kostenbegrenzung für Stromkunden gemachten Vorschlag nachgedacht. "Einen österreichweiten Preisdeckel begrüße ich voll und ganz", unterstrich Mikl-Leitner am Mittwoch. Eine solche Deckelung könne "nur auf nationaler oder europäischer Ebene" erfolgen. Vom Bund weiters eingefordert wurde "die rasche Auszahlung der angekündigten Milliarde für unsere Betriebe im Rahmen des Antiteuerungspaketes" sowie Klarheit für die Unternehmen, "womit im Notfall einer Energielenkung jede einzelne Branche rechnen muss".
"Hunderttausende Ansuchen"
Doch zurück zum niederösterreichischen Paket. Hinsichtlich der Abwicklung zeigte sich EVN-Vorstandsdirektor Stefan Szyszkowitz zuversichtlich, "dass wir in kürzester Zeit in der Lage sein werden, diese Gutschriften auch abzurechnen", es gehe "um Hunderttausende Ansuchen". Gutgeschrieben wird beim jeweiligen Energieversorger generell ab Oktober in monatlichen Teilbeträgen. Sollte sich ein Versorger nicht, wie grundsätzlich vorgesehen, an der Abwicklung beteiligen, kann eine Beantragung auch direkt beim Land erfolgen.
LHStv. Stephan Pernkopf (ÖVP) sah in der neuen Aktion "Sicherheit und Verlässlichkeit", zudem würden "die bisherigen Initiativen zum Energiesparen unterstützt". IV-Chefökonom Christian Helmenstein, der auch an einer vor der Pressekonferenz angesetzten Expertenrunde teilgenommen hatte, ortete "eine Maßnahme mit Sinnhaftigkeit und administrativer Effizienz". Er sei "optimistisch, dass sie auch schnell bei den Menschen ankommt".
Der Strompreisrabatt wird laut Mikl-Leitner in der am (morgigen) Donnerstag stattfindenden außerordentlichen Sitzung der Landesregierung im Detail besprochen und – neben weiteren, noch nicht genannten Antiteuerungsmaßnahmen – beschlossen. Um die nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen "so rasch als möglich" zu schaffen, werde ein Sonderlandtag notwendig sein.
Sonderlandtag steht an
Mehreren Medienberichten zufolge dürfte eine solche Sitzung für den kommenden Montag geplant sein. Seitens der Landtagsdirektion hieß es am Mittwochvormittag auf Anfrage, dass bisher noch kein entsprechender Antrag eingelangt sei. Mit einer baldigen Sitzung rechnet auch Reinhard Hundsmüller, Klubobmann der SPÖ Niederösterreich. Er zeigte sich per Aussendung über die mögliche Abhaltung des Sonderlandtags erfreut: "Der wachsende Druck von Bevölkerung, Medien, LHStv. Franz Schnabl, der SPÖ und den anderen im NÖ Landtag vertretenen Parteien hat dazu geführt, dass die ÖVP NÖ einlenkt und endlich damit beginnt, Entlastungen für die Menschen in unserem Bundesland zuzulassen."
NEOS-Landessprecherin Indra Collini begrüßte grundsätzlich, dass nun doch – entgegen der vorherigen Ankündigung der ÖVP – vor September Entlastungsschritte präsentiert wurden. "Es zeugt aber von einem seltsamen Politikverständnis, dass die Volkspartei drei Landtagssitzungen zu diesem Thema ungenutzt verstreichen lässt, der angekündigte Strompreisrabatt jedoch in einer Hauruckaktion vorgelegt und beurteilt werden soll", hieß es in einer Aussendung.