Das ist eine bittere Pille für Konsumenten wie Banken: Die schärferen Kreditbestimmungen für Immobilien kippen das Instrument der Zwischenfinanzierung. Was sperrig klingt, dürfte Zigtausende Konsumenten treffen. Ein Beispiel: Wenn ein junges Paar eine Eigentumswohnung besitzt, dafür Kredite abzahlt und sich dann wegen Familienzuwachs eine größere Bleibe finanzieren will, wird das künftig ziemlich schwierig.
Trotz Vermögen nicht mehr kreditwürdig
Bisher wurde dafür eine Zwischenfinanzierung aufgestellt, mit der die Zeit überbrückt wurde zwischen Neukauf oder Neubau und dem Verkauf der bisherigen Wohnung. Der voraussichtliche Erlös wurde als Sondertilgung im neuen Kredit berücksichtigt. Das geht nun nicht mehr, die Kreditsumme wird zwangsläufig viel höher. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Kreditnehmer die neue Hürde der Kreditrestriktion nicht mehr schaffen, nämlich jene, dass die monatliche Rate nur bei 40 Prozent des Haushaltseinkommens liegen darf.
Die Banken sind Sturm gegen diese unerwünschte Nebenwirkung der Neuerungen gelaufen.
BKS-Chefin Stockbauer: "Das ist fast diskriminierend"
Herta Stockbauer, Chefin der Bank für Kärnten und Steiermark, zeigte sich noch vor einer Woche sehr betroffen. Denn es gehe in der Bankenrealität sehr oft um solche Situationen, in denen vorhandenes, noch nicht flüssiges Vermögen wie eine in fünf Jahren abreifende Lebensversicherung, der Anteil an einer Genossenschaftswohnung oder ein Sanierungskredit natürlich berücksichtigt wurde. Alles Geschichte.
"Das ist fast diskriminierend", so Stockbauer über die neue Regelung, "denn sie greift sehr weit in die Entscheidungsfreiheit von Kreditnehmern ein." Sie ortet eine deutliche Schlechterstellung. "Üblicherweise handelt es sich um sehr gute Kunden", so Stockbauer. Dass es ausgerechnet die treffe, ärgert sie besonders.
Bankenverband beißt bei FMA auf Granit
Ziel der strengeren Kreditrichtlinien ist eine Dämpfung des zuletzt überhitzten Immobilienmarktes – eine Folge der EZB-Nullzinsen. Dass gerade die enormen Kostensteigerungen am Bau sowie die steigenden Zinsen den Markt dämpfen dürften, führte Bernhard Freudenthaler vom Bankenverband in den Gesprächen mit der FMA an, wobei die FMA die Vorgaben des Finanzmarktstabilitätsgremiums umsetzte. Freudenthaler: "Eine Schattenseite wird sein, dass es zu noch mehr Zersiedelung weit weg von den Städten kommen wird."
Die FMA spielt den Ball indes an die Banken zurück: "Für Zwischenfinanzierungen ist ein Ausnahmekontingent in Höhe von 20 Prozent des Neukreditvolumens einer Bank vorgesehen", so FMA-Sprecher Klaus Grubelnik. Damit seien Zwischenfinanzierungen weiter möglich. Der Verweis klingt gut, hat nur einen "Haken": Denn die sind für alle Ausnahmen rund um die neuen Kreditschrauben vorgesehen. Stockbauer: "Das wird sehr schnell ausgeschöpft sein."
EU-Schub für nachhaltige Geldanlage
Die BKS-Chefin war allerdings aus einem anderen Grund nach Wien zu einer Pressekonferenz gereist. Ab August fragen Banken nach einer EU-Vorgabe nun die Kunden auch, ob sie ihr Geld nachhaltig anlegen wollen.
Weil das "Wie" dieser Frage wichtig für den Erfolg sein könnte, hat das Institut für Höhere Studien (IHS) im Auftrag der Nationalbank und der FMA einige Varianten in einem großen Feldversuch mit 2254 Menschen getestet. Das Ergebnis: Grob gesagt erhöht jede Art etwas ausführlicherer Information die Investitionsbereitschaft. Detaillierte Fragen ergaben zudem, dass gewisse Sicherheitsaspekte "ziehen". Konkret waren Investmentprodukte (Fonds) mit gesetzlich nachhaltigen Standards gefragter als andere.
Stockbauer erwartet durch die neue Aufklärungspflicht eine stärkere Bewusstseinsbildung für nachhaltige Geldanlage. "Ich glaube, dass es da noch einmal einen Schub geben wird." Die Finanzwirtschaft rücke jetzt ins Zentrum der Transformation. "Wir müssen sehr viel privates Kapital aktivieren", so FMA-Vorstand Helmut Ettl. In Österreich gebe es immerhin private Einlagen in Höhe von 300 Milliarden Euro.
Claudia Haase