Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) prognostiziert einen Anstieg der Jahresinflationsrate (Harmonisierter Verbraucherpreisindex, HVPI) auf 7,6 Prozent für das Gesamtjahr 2022. Für das nächste Jahr wird zwar ein Rückgang erwartet, das Niveau bleibt mit 5,0 Prozent aber weiterhin sehr hoch. 2024 wird laut aktualisierter Prognose ein Wert von 3,2 Prozent erwartet. Damit bleibe die Inflationsrate auch mittelfristig deutlich über dem langjährigen Durchschnitt von 1,9 Prozent. "Hohe Rohstoffpreise und die ökonomischen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine treiben die Inflation 2022 auf einen Jahreswert, der zuletzt während der ersten Rohölkrise in den 1970er Jahren übertroffen wurde", heißt es in der Analyse.
Höchster Monatswert seit mehr als 40 Jahren
Auch im Frühjahr 2022 habe sich demnach der bereits 2021 begonnene Anstieg der österreichischen Inflationsrate weiter fortgesetzt und erreichte im Juni 2022 mit 8,7 Prozent den höchsten Wert seit mehr als 40 Jahren. Im Vergleich zur Prognose vom März 2022 wurde die Inflationsprognose für den gesamten Prognosehorizont vor allem wegen höherer Preise für Energie- und Nahrungsmittelrohstoffe und den infolge der Inflationsentwicklung höheren Lohnkosten nach oben revidiert.
Nicht alle Haushalte gleich betroffen
"Unter der Voraussetzung, dass Energieträger aufgrund des Kriegs in der Ukraine nicht rationiert werden, sollte sich die Situation auf den Energiemärkten bis Jahresende 2022 entspannen", schreibt die OeNB und legt auch ihrer Prognose sinkende Energiepreise zugrunde. Die ohne Energie und Nahrungsmittel berechnete Kerninflation wird heuer auf 4,2 Prozent und 2023 wegen der hohen Lohnabschlüsse sogar auf 4,7 Prozent ansteigen. Selbst 2024 wird sie mit 3,5 Prozent nach wie vor deutlich über dem langfristigen Durchschnitt bleiben.
Die Inflation trifft dabei nicht alle Haushalte gleich, zeigt die Analyse der OeNB. Die Auswirkungen schwanken aber von Jahr zu Jahr. So seien 2020 einkommensstärkere Haushalte von einer tendenziell niedrigeren Inflationsrate betroffen gewesen - 2021 war dies aber nicht mehr gegeben, die niedrigsten Einkommen traf die Inflation etwas weniger als die hohen Einkommen.. Während 2020 die Stadtbewohner stärker unter der Teuerung litten, traf es 2021 Haushalte in ländlichen Gemeinden wegen der Dominanz der Energiepreise härter.
Individuelle Lösungen zur Entlastung empfohlen
Die Nationalbank empfiehlt bei der Entlastung der Haushalte sehr individuelle Lösungen. Man könne sich auch nicht auf altbekannte Zusammenhänge zwischen der sozialen Lage von Haushalten und ihrer Betroffenheit von Inflation verlassen. Vermutlich wegen der stark angestiegenen Energiepreise habe sich da einiges verschoben. "Zusammenhänge, die in Phasen niedriger Inflation gegolten haben, sind in der momentanen Hochinflationsphase nicht mehr gegeben". So seien auch gleich einkommensstarke Haushalte (innerhalb des gleichen Einkommensdezils) teilweise sehr unterschiedlich betroffen.
Für eine zielgerechte Entlastung müssten Ausgleichsmaßnahmen auf die Belastung der Haushalte abstellen und nicht nur auf die Höhe der individuellen Inflation. So seien Haushalte, die ihre Konsumausgaben dank Ersparnissen nicht einschränken müssen, weniger belastet als Haushalte ohne Reserven und mit geringerem Einkommen, die sich den Konsum nicht mehr leisten können. "Aggregierte Maßzahlen sind aus diesen Gründen nicht ausreichend, wenn es um Fragen der sozialen und ökonomischen Absicherung geht", mahnt die OeNB.