Es hatte sich in den vergangenen Wochen und Tagen angedeutet, jetzt ist es fix: Tesla-Chef Elon Musk hat seinen milliardenschweren Übernahmeversuch von Twitter für beendet erklärt. Das geht aus einer am Freitag veröffentlichten Mitteilung bei der US-Börsenaufsicht SEC hervor. Der Kurznachrichtendienst habe mehrere Punkte der Übernahme-Vereinbarung gebrochen, erklärte Musk dann am späten Freitagabend. Er verwies dabei auf den seit Wochen anhaltenden Streit darüber, wie groß der Anteil gefälschter Nutzerkonten sei.
Es gebe "Grund zu der Annahme, dass die tatsächliche Zahl der gefälschten oder Spam-Accounts auf der Twitter-Plattform höher ist als die Zahl von weniger als fünf Prozent", die der Dienst angegeben hatte. Eine Stellungnahme von Twitter lag zunächst nicht vor. Dessen Aktie fiel angesichts der Mitteilung im nachbörslichen Handel um 7,5 Prozent auf 34,05 Dollar.
Strafe von einer Milliarde Dollar bei Rücktritt?
Doch so einfach dürfte Musk nicht aus dem Schneider sein – es droht ein langwieriger Rechtsstreit. Er und Twitter haben eine Strafe von einer Milliarde Dollar vereinbart, falls eine Partei vom Deal zurücktritt. Doch wenn Twitter auf Vollzug pocht, dürfte es für Musk rechtlich trotzdem schwierig werden. Das Unternehmen hatte wiederholt betont, dass es den Deal durchsetzen wolle. Twitter zeigte sich entschlossen, Musk nicht aus dem Kaufvertrag herauszulassen. Man halte daran fest, den Verkauf zu dem mit ihm vereinbarten Preis abzuschließen und plane, dafür vor Gericht zu gehen, betonte Verwaltungsratschef Bret Taylor.
Streit um Daten über gefälschte Nutzerkonten
Ursprünglich hatte Musk 54,20 Dollar pro Aktie geboten. Das Gesamtvolumen des Vorhabens belief sich auf rund 44 Milliarden Dollar (43,22 Milliarden Euro). Allerdings hatte sich seit Wochen abgezeichnet, dass es gravierende Reibungspunkte gab. Die Zeitung "Washington Post" hatte am Donnerstag berichtet, der Deal sei ernsthaft gefährdet, weil Daten über gefälschte Nutzerkonten nach Musks Ansicht nicht verifiziert werden könnten.
Fragen rund um die Finanzierung
Musk hatte den Aktionären 54,20 Dollar pro Aktie geboten. Das wäre für sie ein guter Deal: Schon vor Musks Mitteilung am Freitag ging das Papier bei nur 36,81 Dollar aus dem US-Handel. Nach der Mitteilung sackte die Twitter-Aktie im nachbörslichen Handel um 7,5 Prozent ab. Beobachter hatten spekuliert, dass Musk angesichts der Preisdifferenz nicht mehr gewillt war, an dem ursprünglichen Gebot festzuhalten. Rund um die Finanzierung hatte es zuletzt ohnehin immer wieder Debatten gegeben. So hat Musk bereits Ende April den Plan verworfen, Kredite mit eigenen Tesla-Aktien zu besichern, wohl auch deshalb, weil der Tesla-Aktienkurs nach der einstigen Ankündigung dieses Finanzierungsmodell massiv nachgegeben hatte.
"Hort der Meinungsfreiheit"
Musk verfolgte mit Twitter hochtrabende Pläne: So hatte er u. a. angekündigt, das 16 Jahre alte Unternehmen von der Börse nehmen zu wollen. Zugleich hatte er erklärt, Twitter zu einem Hort der Meinungsfreiheit machen zu wollen und auch den verbannten früheren US-Präsidenten Donald Trump wieder auf die Plattform zu lassen. Verbraucherschützer hatten die Sorge geäußert, dass bei Twitter unter Musk zu wenig gegen Hassrede und Falschinformation getan werden könnte. Die Zahl der Twitter-Nutzer wollte Musk von zuletzt rund 229 Millionen auf eine Milliarde steigern. Die Zahl der Mitarbeiter von zuletzt rund 7500 Mitarbeiter wollte er indes reduzieren. "Im Moment übersteigen die Kosten die Einnahmen", hatte er erklärt. Wer für das Unternehmen relevant sei, habe aber nichts zu befürchten.