Die energieintensiven Branchen können grundsätzlich mit einer Umstellung von Gas hin zu Öl leben, wissen sie doch, dass die Lage schwierig werden könnte. Es seien aber viele Fragen offen, es fehle ein Gesamtkonzept, heißt es aus der Chemiebranche. IV und WKÖ forderten auch umgehend öffentliche finanzielle Unterstützung für die Betriebe. Zudem gebe es viele Firmen, die nicht umrüsten könnten. Ein Experte sieht indes ein Gas-Sparpotenzial von etwa 15 Prozent in der Industrie.
"Wir alle sind uns bewusst, dass es möglicherweise zu einem sehr schwierigen Herbst- und Winterszenario kommen kann", sagte Max Oberhumer von Sappi-Papier in Gratkorn in der Steiermark im Ö1-"Morgenjournal" am Mittwoch. "Daher ist aus meiner Sicht jede Maßnahme, die von der technischen Möglichkeit her gegeben ist, um hier kurzfristig entgegenzuwirken, sinnvoll und sehr zu begrüßen."
Die Politik habe den Ernst der Lage erkannt, so Silvia Hofinger von der Sparte Chemie Wirtschaftskammer (WKÖ). Aber wie Oberhumer fehlt auch ihr ein Gesamtkonzept und belastbares Mengengerüst gerade wenn es um die Alternative Öl geht. "Wie viel Heizöl wird denn dann benötigt, wie viele von den in Österreich eingespeicherten Gasvorräte sind wirklich für österreichische Endkunden bestimmt und wie kann man sicherstellen dass auch ausreichende Mengen vom verfügbaren Gas in Österreich verbleiben werden", fragte sie im "Morgenjournal" in Richtung Bundesregierung.
Offen sei auch, wie die Unternehmen überhaupt zu den Rohstoffen kommen und wie die Regierung mit den zusätzlichen Schadstoffen und CO2-Zertifikaten umgehen will. Jedenfalls brauche es Kompensation für die Umrüstung und die entstehenden Kosten, so Hofinger. Da gehe es um einmalige Kosten und um höhere Kosten im laufenden Betrieb. "Und da brauchen die Unternehmen entsprechende Unterstützungen."
Die Frage, wie die Unternehmen an die Rohstoffe gelangen, ist bezogen auf Öl aktuell nicht einfacher zu beantworten geworden: Ein für den Export von kasachischem Öl bestimmtes Terminal im Schwarzen Meer muss auf Beschluss eines Gerichts in Südrussland für 30 Tage seinen Betrieb einstellen, wie die Nachrichtenagentur Interfax in der Nacht zum Mittwoch berichtete. Zuletzt hatte es zwischen Russland und der benachbarten zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik Kasachstan wegen des Ukrainekriegs Unstimmigkeiten gegeben. Kasachstan ist Österreichs größter Erdöllieferant.
Mit einer Verordnung vorzugehen hält Walter Boltz, der frühere Chef der E-Control, für richtig. "Wichtig ist, dass die Regeln sehr transparent und klar sind und natürlich, dass das Gas, das nicht verbraucht wird, auch für österreichische Kunden irgendwo eingespeichert und zur Verfügung gehalten wird und nicht ins Ausland verkauft wird." Das Sparpotenzial in der Industrie könne geschätzt bei 15 Prozent liegen, das wären fünf Prozent des Gesamtverbrauchs.