"Vier Tage arbeiten und für fünf verdienen, das wirds nicht spielen", erklärt der oberösterreichische Industriekapitän, KTM-Chef Stefan Pierer, der auch Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich ist. "Der Wohlstand, den zwei Generationen nach dem Krieg aufgebaut haben, ist durch Leistung entstanden. Und Leistung ist Arbeit pro Zeit. Wir müssen jungen Leuten Freude an der Leistung vermitteln, und das muss sich auch im Entgelt niederschlagen. Es muss sich auch steuerlich auszahlen, mehr zu arbeiten", so der 65-Jährige, der auch Bedarf bei der Pensionsregelung sieht: "Wir haben den frühesten Pensionsantritt mit 62 Jahren. Schauen Sie mich an, laut Statistik bin ich seit drei Jahren in Pension.
"Weitere Lockdowns völlig sinnlos"
Pierer will mehr steuerliche Arbeitsanreize für Junge und Alte. Er ist gegen eine Vermögenssteuer und das Verbannen von Verbrennungsmotoren. Bei den unterbrochenen Lieferketten erwartet er noch lange Probleme. Eine Lohn-Preis-Spirale bei der Herbstlohnrunde fürchtet er nicht und bei den Corona-Maßnahmen fordert er ein Ende der Quarantäne. Weitere Lockdowns seien "völlig sinnlos".
Die größte Herausforderung für die Industrie derzeit sei der Fachkräftemangel, hier könnte eine längere Beschäftigungsdauer helfen. "Wenn jemand mit 65 eine neue Vereinbarung macht, keine Pension bezieht, dafür aber keine Lohnsteuer zahlt, entlastet er das Pensionssystem und verdient netto gut. Grundsätzlich muss es sich rechnen, mehr zu arbeiten. Ein Anreiz für mehr Arbeit wäre die Steuerfreistellung von 20 Überstunden im Monat, ein anderer radikaler Ansatz wäre: Junge Leute bis 30 sollen nur den halben Steuersatz zahlen", so Pierer.
"Inflation von Notenbanken verursacht"
Eine klare Meinung hat der Industrielle auch beim Thema hohe Inflation: "Das wurde von den Notenbanken verursacht. Jetzt ist das gedruckte Geld in der Realwirtschaft angekommen und hat zu einer starken Nachfrage geführt, die die Inflation anheizt." Die "Flächenförderung" der Regierung würde die Inflation noch einmal antreiben. "Und ich brauche die 500 Euro nicht", spielt er auf Einmalzahlungen an, die einkommensunabhängig sind.
Befürchtungen, das bei den Lohnrunden im Herbst eine Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt werden könnte, teilt er nicht. "Das wird übertrieben. Die Maßnahme der Regierung, dass bis zu 3000 Euro steuerfrei bezahlt werden können, ist ein gutes Instrument für einen Ausgleich", erklärte Pierer. Zum Thema Vermögens- oder Erbschaftssteuer hält er fest: "Ich bin ein Fan der Finanztransaktionssteuer und einer Besteuerung der Finanzindustrie und von Krypto-Assets. Da sage ich: Her mit den Steuern! Vermögen, das in Familienunternehmen gebunden ist, zu besteuern, zerstört unweigerlich Arbeitsplätze."
Einmal mehr zeigte sich Pierer differenziert bei seiner Begeisterung für E-Mobilität. "Elektromobilität ist extrem gut für die kurze Strecke, insbesondere für leichte Fahrzeuge, wie etwa das Zweirad. Im städtischen Bereich ist es für kleine Autos mit überschaubaren Batterien meines Erachtens eine super Lösung. Auf der langen Strecke mit der jetzigen Technologie halte ich es aber ökologisch nicht für wahnsinnig sinnvoll", so Pierer, der die Marke KTM wieder groß gemacht hat und mit ihr zahlreiche Motorsporterfolge eingefahren hat.
Zu dem Aus für den Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2035, wie von den EU-Umweltministern vorgestern beschlossen, hat Pierer eine klare Meinung: "Das wird nicht so kommen. Als gelernter Europäer weiß ich, dass die Überschriften der europäischen Kommission nicht viel wert sind."