Die deutsche Regierung ruft die Gas-Alarmstufe aus. Das bestätigte das deutsche Wirtschaftsministerium am Donnerstag. Grund seien die reduzierten Gaslieferungen aus Russland und die anhaltend hohen Preise. Aktuell sei die Versorgungssicherheit aber noch gewährleistet. In Österreich ist ein solcher Schritt vorerst nicht geplant.
"Die Lage ist ernst", erklärte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Berlin. "Die Drosselung der Gaslieferungen ist ein ökonomischer Angriff auf uns." Die Strategie von Russlands Präsident Wladimir Putin sei es, Unsicherheit zu schüren, die Preise hochzutreiben und zu spalten. "Wir sind in einer Gaskrise. Gas ist von nun an ein knappes Gut. Die Preise sind jetzt schon hoch, und wir müssen uns auf weitere Anstiege gefasst machen." Oberste Priorität sei es nun, die Gasspeicher zu füllen. Alternative Anbieter würden gesucht und erneuerbare Energien ausgebaut. Außerdem müsse mehr Gas eingespart werden.
Weiterhin Frühwarnstufe in Österreich
In Österreich gilt weiterhin die Frühwarnstufe des Gasnotfallplans, die Alarmstufe wird vorerst nicht ausgerufen. Das hat die Bundesregierung nach Beratungen des im Klimaschutzministeriums eingerichtete Krisenstabes beschlossen. „Die entscheidenden Kriterien sind die Gasliefermengen und der Fortschritt beim Speicheraufbau. Wir wollen mit Speichern in den Winter gehen, die zu 80 Prozent befüllt sind. Sie sind unser Sicherheitsnetz für die heimische Wirtschaft und die Haushalte. Wenn der Speicheraufbau gefährdet ist, müssen wir Maßnahmen ergreifen. Russland ist kein verlässliches Gegenüber. Darum überwachen wir die Lage engmaschig und bewerten laufend neu“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler in einer Aussendung. In Deutschland sei das Ausrufen der Alarmstufe eine Voraussetzung dafür, dass Kohlekraftwerke wieder ans Netz gehen.
Zweite von drei Eskalationsstufen des Notfallplans
Die Alarmstufe ist die zweite von drei Eskalationsstufen des deutschen Notfallplans Gas. Die entsprechende Verordnung wurde erstmals nach dem russischen Angriff auf die Ukraine aktiviert. Habeck hatte am 30. März die Frühwarnstufe ausgerufen. Anders als die Frühwarnstufe könnte die Alarmstufe für Unternehmen und Verbraucher erhebliche Konsequenzen mit sich bringen, wenn Versorger ihre höheren Einkaufspreise direkt an ihre Kunden weiterreichen könnten. Dafür war im Energiesicherungsgesetz im Mai eine neue Preisanpassungsklausel geschaffen worden. Das ist aber kein Automatismus. Sie muss zuvor förmlich von der Bundesnetzagentur aktiviert werden.
Die Ausrufung der Alarmstufe ist aber auch eine Voraussetzung für die Umsetzung der Pläne der Regierung, dass vermehrt Kohle-Kraftwerke wieder ans Netz geholt werden sollen, um Erdgas bei der Stromproduktion einzusparen. Das entsprechende Gesetz soll am 8. Juli den Bundesrat passieren.
Gaslieferungen durch Nord Stream 1 stark gedrosselt
Begründet werden dürfte die Ausrufung der Alarmstufe mit der Verringerung der Gaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1. Seit der Drosselung des Gasdurchflusses in der vergangenen Woche ist der Gasmarkt noch angespannter als zuvor. Die Alarmstufe bringt noch keine staatlichen Eingriffe in den Gasmarkt. Erst mit der Notfallstufe als letztem Schritt der Eskalationsleiter würde die Bundesnetzagentur in einer Gasmangellage zuteilen, wer noch Gas bekommt. Private Haushalte sind besonders geschützt und sollen möglichst lange versorgt werden. Die Industrie müsste sich dann auf Kürzungen einstellen.