Der Gläubigerschutzverband KSV1870 rechnet heuer mit 5000 Unternehmensinsolvenzen. Damit würde das Vorkrisenniveau von 2019 wieder erreicht, nach deutlich geringeren Zahlen während der Coronapandemie. Die Rückkehr zu höheren Pleitezahlen liege vor allem daran, dass staatliche Unterstützungsmaßnahmen beendet wurden – aus Sicht des KSV1870 eine gesunde Entwicklung.
"So wird verhindert, dass Unternehmen gefördert werden, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Gesamtsituation eigentlich keinen Anspruch darauf haben" – unabhängig vom Corona-Faktor, so Karl-Heinz Götze, KSV1870-Insolvenzleiter. Der deutliche Anstieg von Insolvenzabweisungen mangels Masse zeige, dass Pleiten in der Coronazeit verschleppt wurden. Manches Unternehmen hätte vielleicht noch saniert werden können, während es nun zusperren müsse, meint Götze.
Zahl der Unternehmensinsolvenzen mehr als verdoppelt
Im ersten Halbjahr 2022 hat sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen auf etwa 2300 mehr als verdoppelt. 40 Prozent konnten allerdings mangels Vermögen nicht eröffnet werden. Entsprechend waren auch fast doppelt so viele Arbeitnehmer (7000) betroffen, die Zahl der Gläubiger stieg um zwei Drittel auf 13.800. Auch die geschätzten Verbindlichkeiten sind um 61 Prozent auf 629 Mio. Euro gestiegen. Handel, Bauwirtschaft, Tourismus und Gastronomie waren am stärksten betroffen – auf die Branchen zusammen entfiel knapp die Hälfte aller Firmenpleiten im ersten Halbjahr.
Deutlich mehr Privatkonkurse
Ein deutliches Plus gab es im ersten Halbjahr auch bei den privaten Konkursen – um rund ein Drittel auf 4322. Das Vorkrisenniveau ist damit aber noch nicht erreicht. Die Teuerungswelle, die über Österreichs Haushalte derzeit hereinbricht, war dabei aber noch kein Grund für vermehrte Konkurse von Privatpersonen. "Es verhält sich hier ähnlich wie bei der Pandemie. Ein Privatkonkurs baut sich im Regelfall über einen längeren Zeitraum auf und wird eher selten durch ein plötzlich eintretendes Ereignis ausgelöst", so Götze. Der mittelfristige Effekt der Inflation sei noch abzuwarten. Aber "mit Blickrichtung Jahresende" sei damit zu rechnen, dass auch bei Schuldenregulierungsverfahren das Vorkrisenniveau wieder erreicht wird. Das wären dann 9500 Verfahren, 182 pro Woche.