Österreichs Gasspeicher sind zu 40,2 Prozent gefüllt, in Deutschland sind es 56,3 Prozent und im EU-Schnitt 52,4 Prozent, geht aus den Zahlen der Interessenvereinigung der Speicherunternehmen AGSI von vorgestern hervor. Tschechien kommt gar auf 70,5 Prozent, Ungarn hingegen nur auf 36,5 Prozent. Allerdings hat Österreich im EU-Vergleich relativ hohe Gasspeicher-Kapazitäten, die ungefähr dem Verbrauch eines ganzen Jahres entsprechen.
Die Speicher des Nicht-EU-Mitglieds England sind zu 94 Prozent voll. Ganz anders sieht es in Schweden aus, mit gerade einmal 11,3 Prozent.
Laut dem aktuellen Lagebericht der Austrian Grid Management AG (AGGM) ist die heimische Versorgung "uneingeschränkt gewährleistet". Die Preissituation auf den Märkten ist "aktuell wieder volatiler und lag gestern bei 130 Euro/MWh". Zum Speicherstand schreibt die AGGM: "Die Speicher werden weiterhin, aber in geringerem Ausmaß als in der letzten Woche, befüllt."
Speicherfüllstände
Interessant ist die Zeittafel des Speicherfüllstandes im für Österreich relevanten "Netzverbund Verteilgebiet Ost": Im April 2021 lag der Füllstand bei knapp 30 Prozent des Möglichen und stieg dann bis zum Oktober 2021 auf fast 80 Prozent an. Seitdem ging es steil bergab, bis dann Mitte April eine Trendwende eintrat und die Speicherstände auf nunmehr rund 55 Prozent hochgefahren sind, geht aus den heutigen Zahlen der AGGM hervor.
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) wies am Freitag darauf hin, dass wieder weniger Gas aus Russland gekommen ist. Die OMV habe angekündigt, Gas am Spot-Markt beschaffen zu können, sollte dies notwendig sein. "Derzeit beträgt der Speicherstand in Österreich etwas über 40 Prozent, was einer Füllmenge von rund 38,9 Terawattstunden entspricht. Allerdings ist der strategisch wichtige Gasspeicher Haidach in Salzburg nicht an das österreichische, sondern an das deutsche Gasnetz angeschlossen. Der monatliche Verbrauch um diese Jahreszeit beträgt knapp unter vier Terawattstunden, wobei davon rund zwei Drittel auf die heimische Industrie entfallen", rechnete die Ministerin vor. Im Vorjahr hat Österreich etwa 96 TWh Gas verbraucht.
"Sind vorbereitet"
In Blickrichtung des Krieges in der Ukraine meinte Gewessler: "Gaslieferungen sind für Russland ein Werkzeug in der aktuellen Auseinandersetzung. Da dürfen wir uns keinen Illusionen hingeben. Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet, bis hin zu einem vollständigen Lieferstopp aus Russland."
NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer sieht hingegen schon Grund zur Sorge. Sie will wissen: "Wie viel Gas wurde am freien Markt schon eingekauft? Woher soll das kommen?" Es brauche "endlich Antworten der Energieministerin und nicht vage Versprechungen für den Winter".
E-Control erwartet weitere Drosselung
Ex-E-Control-Chef Walter Boltz meinte heute, dass die angeblichen technischen Probleme Russlands mit Nord Stream 1 wohl kein Zufall seien, sondern politisch motiviert – wo doch gerade der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, der französische Präsident Emmanuel Macron und der italienische Premierminister Mario mit einem Sonderzug in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen sind. Boltz erwartet, dass Russland weiterhin die Gaslieferungen drosseln wird – mit drastischen Auswirkungen: Für die die meisten Privathaushalte werden sich die Gaspreise verdoppeln, weil die Großhandelspreise bisher nur zu einem kleinen Teil bei den Privaten angekommen sind, so Boltz am Freitag im "Ö1-Mittagsjournal".