Ein Verdi-Warnstreik in Berlin hat etwa 3.000 Easyjet-Passagiere getroffen. Deshalb fallen am Freitag 22 Flüge von und zum deutschen Hauptstadtflughafen aus, wie der britische Billigflieger mitteilte. Der Flugverkehr am Flughafen Wien ist davon nicht betroffen. Die Gewerkschaft Verdi hatte die rund 450 Kabinenbeschäftigten von Easyjet in Berlin zwischen 05.00 und 10.00 Uhr zur Arbeitsniederlegung aufgerufen und dies mit den laufenden Tarifgesprächen begründet.
"Wenn wir kein vernünftiges Angebot bekommen, müssen wir noch mal einen Warnstreik machen", sagte Verdi-Verhandlungsführer Holger Rößler der Nachrichtenagentur Reuters. Easyjet streicht von Anfang Juni bis Ende August täglich rund zwölf Flüge von und nach Berlin – damit fallen im Sommer etwa 1.000 Verbindungen weg. Die Airline begründete dies auch mit einem ungewöhnlich hohen Krankenstand.
Personalmangel
Easyjet ist nicht allein von den Problemen des nach der Coronakrise wieder anziehenden Flugverkehrs betroffen. Auch andere Airlines dünnen ihren Flugplan massiv aus, um einen stabilen Betrieb zu sichern. Denn vor allem bei Bodendienstleistern gibt es einen enormen Personalmangel, da viele Beschäftigte der Branche in der Pandemie den Rücken gekehrt haben. Die Lufthansa streicht allein für Juli 900 innerdeutsche und europäische Flüge an den Drehkreuzen in Frankfurt und München, um die Abläufe zu Spitzenzeiten wie an Wochenenden zu entlasten. Auch die Lufthansa-Billigtochter Eurowings kappt mehrere Hundert Verbindungen.
Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit mahnte, zu viele Beschäftigte seien wegen schlechter Jobbedingungen abgewandert. "Nun wollen die Menschen wieder fliegen und es fehlt an allen Ecken und Enden Personal, um Flugzeuge abzufertigen, zu betanken, die Passagiere zu betreuen oder die Flugzeuge zu fliegen."
Easyjet zeigte sich "enttäuscht" über den Streik "in dieser für die Branche kritischen Zeit". Im Tarifstreit mit Verdi gibt es noch keinen neuen Verhandlungstermin. "Wir wollen ein Angebot mit der Gewerkschaft besprechen", sagte eine Easyjet-Sprecherin. Die Airline sei gesprächsbereit. Eine Airport-Sprecherin ergänzte, die Passagiere seien vom Streik vorher informiert worden. "Wir haben kein Chaos am Flughafen."
Mehr Lohn gefordert
Die Gewerkschaft fordert einen Ausgleich der aktuellen Preissteigerungen, jedoch mindestens fünf Prozent mehr Gehalt sowie eine Einmalzahlung in Höhe einer Monatsvergütung samt Schicht- und sogenannter Sektorenzulage. Der Tarifvertrag soll bis zum 31. Dezember 2022 laufen. "Die exorbitant gestiegenen Preise sowie die große Mehrbelastung an Bord wegen der chaotischen Restart-Phase der ganzen Branche zeigen, dass unsere Forderungen mehr als berechtigt sind", sagte Rößler.
Easyjet hat jüngst angekündigt, seine in Berlin stationierte Flotte ab Oktober von 18 auf 11 Maschinen zu verkleinern. Als Gründe nannte die Airline eine unerwartet schwächere Erholung der Nachfrage und steigende Flughafengebühren. Easyjet wolle sich auf profitable Routen konzentrieren. Womöglich müssten rund 275 Cockpit- und Kabinenbeschäftigte gehen. Easyjet war seit der Air-Berlin-Pleite 2017 größte Airline in der Hauptstadt, hatte aber bereits nach Ausbruch der Coronakrise 2020 die Flotte von 34 auf 18 Flieger fast halbiert.