Die Europäische Zentralbank beendet ihre Anleihekäufe und kündigt eine Zinserhöhung für Juli an. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) kündigte am Donnerstag an, im Juli die Leitzinsen im Euroraum um jeweils 25 Basispunkte anheben zu wollen. Zunächst bleibt der Leitzins aber auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent, Banken müssen für geparkte Gelder bei der EZB weiterhin 0,5 Prozent Zinsen zahlen.
Der EZB-Rat teilte nach der Sitzung mit: „Der EZB-Rat hat beschlossen, die Nettokäufe von Vermögenswerten im Rahmen seines Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) zum 1. Juli 2022 zu beenden.“ Zudem beabsichtige der Rat, die Leitzinsen auf seiner geldpolitischen Sitzung im Juli um 25 Basispunkte anzuheben, was im Einklang mit der vom EZB-Rat festgelegten Reihenfolge der Maßnahmen stehe.
Höhere Inflation und schwächeres Wachstum
Die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs dämpfen nach Einschätzung der EZB die Konjunkturentwicklung im Euroraum und treiben die Inflation in die Höhe. Die Notenbank rechnet in ihrer am Donnerstag vorgelegten Prognose mit einem deutlich schwächeren Wirtschaftswachstum und einem stärkeren Anstieg der Verbraucherpreise als im März angenommen.
Demnach wird die Teuerungsrate heuer bei 6,8 Prozent liegen. Im März war die Notenbank noch von 5,1 Prozent und im Dezember von 3,2 Prozent ausgegangen. Für das kommende Jahr rechnen die Währungshüter im Jahresschnitt mit einer Preissteigerung von 3,5 Prozent (März-Prognose: 2,1 Prozent). Für 2024 sagt die EZB eine Inflationsrate von 2,1 Prozent im Währungsraum voraus (März: 1,9 Prozent).
Fed ist deutlich schneller
Andere Notenbanken haben die Zinswende bereits eingeleitet. Die US-Notenbank Federal Reserve erhöhte den Dollar-Leitzins in zwei Schritten um gesamt 0,75 Prozentpunkte auf 0,75 bis 1 Prozent. Zuletzt im Mai mit dem größten Zinsschritt sei 22 Jahren. Weitere Anhebungen im selben Umfang werden erwartet.
Für die EZB ist die Zinswende unausweichlich, um die Inflationserwartungen noch in den Griff zu bekommen. Viele Volkswirte gehen von einer ganzen Serie von Justierungen der Zinsschraube aus. In welchem Ausmaß, ist offen. Noch zahlen Banken für ihre Einlagen sogar einen Strafzins von 0,5 Prozent. Die Stimmen gegen ein allzu gemächliches Tempo bei der Straffung der Zinsen wurden im geldpolitischen Rat der EZB zuletzt lauter. Von Lagarde wird heute erwartet, einen klaren Kurs zu präsentieren, wie sich Euro-Land gegen die hohe Inflation stemmen und zugleich Konjunkturrisiken begrenzen will.