Krieg in der Ukraine, eine wirtschaftlich zunehmend eingetrübte Großwetterlage, hohe Inflationszahlen. Dass es schon geeignetere Zeiten gab, um Smartphones zu kaufen, steht außer Frage. Valide Zahlen zum Befund liefert jetzt die Marktforschungsfirma Canalys. Dieser zufolge gingen die Smartphone-Absätze in Europa im ersten Quartal und verglichen mit dem Vorjahr um zehn Prozent zurück. Weil auch die Prognosen zurückhaltend ausfallen, schalten die großen Hersteller in den Retourgang. Samsung soll seinen Zulieferern angekündigt haben, das heurige Produktionsziel um zehn Prozent zu reduzieren. Auch Apple, so heißt es in einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg, schraubte Ziele hinunter.
Nicht zuletzt schmerzt die Branche der neuerliche Coronaausbruch in China. Dieser verschärft den Chipmangel, der ohnehin als einer der "prominentesten" Wachstumshemmer gilt, abermals. "Insbesondere im laufenden Quartal beeinträchtigen die Fabrikschließungen die Auslieferungen fast überall", ließ Lenovo-Manager Luca Rossi wissen.
Warum ausgerechnet eine Stimme aus dem Lenovo-Konzern Branchengewicht haben soll? Während der weltgrößte PC-Hersteller mit seiner Smartphone-Marke Motorola in Europa tatsächlich kaum präsent ist, liegt Lenovo in den USA zurzeit hinter Apple und Samsung auf Platz 3. In einem Markt, der ohnehin anders tickt und etwa im ersten Quartal noch knapp vier Prozent Wachstum vermeldete. Apple gilt mit über 50 Prozent Marktanteil als unangefochtener Taktgeber, chinesische Smartphone-Bauer spielen ob einer sanktionserfüllten Politik keine Rolle mehr.
In Europa sieht das anders aus. Xiaomi hat sich nach Huaweis Absturz in den Top-3 etabliert, mit Realme gilt ein anderer chinesischer Hersteller gar als aktueller Wachstumskaiser. Auf Jahresbasis legte das Unternehmen, das zum selben Konzern wie Oppo, Vivo oder OnePlus gehört, in Europa 2021 um 548 Prozent zu und schafft es erstmals in die Top-5 (Samsung, Apple, Xiaomi, Oppo, Realme).
Mit welchen Technologien sich die Hersteller gegen sinkende Absätze wehren wollen? Einerseits erreichte Samsung mit der eher belächelten Generation der "Klapp-Handys" 2021 erstmals eine relevante Absatzzahl. Acht Millionen Geräte – bei in Summe 274 Millionen Samsung-Smartphones – wurden laut Canalys verschifft. Ansonsten rücken die Hersteller weiter die Themen Akku und Kamera in den Fokus.
Lenovo etwa könnte bald ein Gerät mit 200-Megapixel-Kamera auf den Markt bringen. Und Wachstumskaiser Realme prahlt damit, das "GT Neo 3" mit Schnellladetechnologie (Ladeleistung 150 Watt – das iPhone 12 Pro Max lädt, zum Vergleich, mit 20 Watt) ausgestattet zu haben. Diese sorge dafür, dass das Smartphone in 20 Minuten vollgeladen ist.