Das mobile Datenvolumen ist in Österreich im vergangenen Jahr wieder um eine Milliarde Gigabyte gestiegen. Heuer wird das Volumen hundertmal so hoch sein wie 2012. Ist ein Ende des Wachstums absehbar?
Nein. Es wird sich weiter fortsetzen. Ich sehe zwar immer wieder Verlangsamung des Wachstums. Aber nur dann, wenn die Kapazitäten auf Engpässe stoßen. Im Vergleich zu Mobilfunk wird heute im Glasfaserbereich fast die dreifache Datenmenge übertragen. Weil 5G noch nicht ausgebaut ist und 4G an Kapazitätsengpässe kommt.

Magenta setzt in Städten wie Graz oder Klagenfurt immer noch sehr stark auf DOCSIS-Technologie, also auf Breitband über Netze, die eigentlich für Kabelfernsehen verlegt wurden. Warum verlegen Sie dort kein Glasfaser?
Wir haben das Netzwerk der UPC in den letzten drei Jahren nach unserem Kauf auf Gigabit-Geschwindigkeit aufgerüstet. Der Anteil von Glasfaser liegt in unserem DOCSIS-Netz bereits bei 90 Prozent. Wir erreichen aber auch im DOCSIS-Bereich bereits ein Gigabit pro Sekunde als Downloadgeschwindigkeit und in Tests sogar mehr als zwei Gigabit. DOCSIS kann mehr als normale Router je können werden. Wir müssen uns jetzt darauf konzentrierten, dass diese Netzwerke aufgewertet werden. Das ist eine massive Investition, die aber dafür sorgt, dass das Netz voll kompetitiv ist. Wir werden auch künftig DOCSIS bauen, gerade in Innenstadtlagen. Eigentlich ist unser Netz ja ein FTTB-Netz ("Fibre to the building", Glasfaser-Leitung bis zum Gebäude). In den Mehrparteienhäusern nutzen wir DOCSIS dann zur Verteilung.

Jetzt gibt's Meinungen, wonach DOCSIS tatsächlich noch Potenzial hat – dieses aber in zehn Jahren gänzlich ausgeschöpft ist. Was machen Sie dann? Alles durch Glasfaser ersetzen?
Diese Einschätzung unterstellt, dass es keine Innovation gibt. Vor zehn Jahren hat man gesagt, DOCSIS wird nicht geeignet sein, überhaupt Daten zu übertragen. Ist auch nicht eingetreten. Das macht es für uns als Managementaufgabe schwer. Jede Technologie kann an Kapazitätsengpässe kommen. Auch 5G. Die Fragen aber sind: Glaubt man daran, dass es 6G geben wird? Glaubt man daran, dass es die nächste DOCSIS-Generation geben wird? Oder sagt man, ab heute stellen alle Forscher ihre Arbeit ein. Wir glauben jedenfalls an die Weiterentwicklung. Und wir bauen ja Glasfaser und DOCSIS aus, weil wir an die tendenziellen Engpässe im Mobilfunk glauben. Das sind die Zukunftswetten, die unsere Industrie so spannend machen.  

Der Wettbewerb beim Glasfaser-Ausbau nimmt zu. Viele private Investoren oder Energieversorger drängen auf den Markt. Braucht’s da noch die großzügigen Förderungen?
Ich glaube, dass die Förderung nicht mehr notwendig ist. Sie war notwendig, weil Glasfaser lange Zeit in Österreich gar nicht ausgebaut wurde. Momentan gibt es aber eine Goldgräberstimmung. Der nachhaltig geringe Zinssatz hat dazu geführt, dass die sehr werthaltigen Länder mit Glasfaser ausgebaut wurden. Jetzt ist Österreich an der Reihe und private Investoren legen hier ihr Geld an. Alle diese Modelle haben aber einen gemeinsamen Nachteil: Weil keiner der großen Betreiber bei denen mitmacht – also keine Magenta, keine A1 und keine Drei – müssen sie ihre Kunden vertrieblich direkt akquirieren. Zugleich brauchst du bei einem Glasfasernetz aber einen Durchsatz von 50 Prozent, um es wirtschaftlich hinreichend profitabel zu betreiben.

Was heißt 50 Prozent "Durchsatz"?
Die Hälfte aller Kunden, wo eine Leitung vorbeigeht, sollte auch eine Leitung nehmen. Deshalb sagen die meisten Netzbauer, dass sie erst anfangen, wenn eine Durchdringung von 40 Prozent erreicht ist. Das schaffst du aber nur, wenn die Bürgermeister die Einwohner zwangsverpflichten, was nicht bei allen Gemeinden der Fall ist. Wir als Magenta wählen einen anderen Weg. Wir werden keine Quote wählen, wir werden ausbauen. Weil wir glauben, dass wir die Vertriebskraft haben und weil wir dank unserer Mobilfunkkunden eine ausreichend große Kundenbasis haben. Wir werden also von keinem Bürgermeister irgendeine Verpflichtung verlangen.

Was hat Sie gehindert, das nicht schon längst zu tun?
Es war bei uns ein Thema der zeitlichen Priorisierung. Wir hatten jetzt drei Jahre mit der Integration von UPC zu tun. Unsere Investitionen zielten primär darauf ab, das UPC-Bestandsnetz hochzurüsten. Im Sommer kommt das inklusive der IT-Migration zu Ende. Danach werden wir unseren Fokus wieder voll auf den Glasfaser-Ausbau legen. Wir wollen bis 2025 eine Milliarde Euro zusätzlich in den Breitbandausbau investieren. Das sind noch einmal eine Million Haushalte. Das von uns gekaufte UPC-Netz hat 1,5 Millionen Haushalte. Addiert man das, kommen wir auf eine Abdeckung in Gesamtösterreich mit Glasfaser, die jenseits der 50 Prozent liegt.

Wie ländlich wird Ihr Netz? Wo ziehen Sie Grenzen ein?
Es kann auch ein Stadtteil geringere Margen als eine ländliche Region abwerfen. Es gilt immer die Grabungskosten mit der potenziellen Kundenanzahl abzugleichen. Deshalb ist das schwer zu skizzieren.

Sie sagen, es ist keine Förderung mehr notwendig. Aber bleiben dann nicht notgedrungener Weise Regionen übrig, in denen es nie Festnetz-Breitband geben wird?
Es wird Regionen geben, in denen es keine Glasfaser-Leitungen gibt, ja. Aber deswegen war eine der Auflagen der letzten Frequenzauktion, dass gewisse Regionen, nämlich die superländlichen, mit 5G ausgestattet werden müssen. Die Frage ist für mich: Wird es in Österreich Regionen geben, die nicht an die digitale Zukunft angeschlossen sind? Nein, das glaube ich nicht. Warum bin ich kein Fan der Förderung? Diese unterstützt primär Open-Access-Netze. Ich bin aber überzeugt davon, dass flächendeckender Glasfaser-Ausbau nur dann kommt, wenn es einer der großen Betreiber macht. In der Regel wird ein Betreiber vielleicht sogar einen anderen als Partner dazunehmen.

Warum?
Du könntest sonst mit 5G-Routern so stark dagegenhalten, dass es sich für die anderen, die Glasfaser ausbauen, nie rechnen wird. Weil sie nicht genug Kundschaft bekommen.  

Warum gehen Sie als Betreiber nicht auf ein offenes Netz?  
Wir sind in Tirol auf Open-Access-Netzen. Aber die haben dort eine komplett andere Kostenstruktur. In den anderen Ländern ist es viel zu teuer für uns. Im Zweifel müssen wir uns halt überlegen, ob wir Anbieter wie etwa die öGIG nicht einfach überbauen.

Was meinen Sie damit?
Dass wir parallel ein eigenes Netz legen.

Trotz der in Summe steigenden Inflation und hoher Investitionen bleiben die Preise für Mobilfunktarife stabil. Die Statistik Austria sah zuletzt bei "Nachrichtenübermittlung" eine Inflationsrate von knapp einem Prozent. Warum gibt's keine Bewegung?
Wettbewerb?

Den gibt’s hoffentlich auch anderswo.
Na ja, wir haben in Österreich ein regulatorisches Umfeld, das den Wettbewerb sehr hochhalten wird. Stichwort: virtuelle Anbieter wie HoT oder Spusu. Die sind ja nicht zufällig in dem Markt, sondern weil es regulatorisch erwünscht ist. Jetzt ist die ganze Regulierung umso mehr darauf bedacht, dass sich der Wettbewerb in Österreich reduzieren könnte. Warum? Weil das Auflagenregime der EU-Kommission endet. Die virtuellen Anbieter müssen nun zum ersten Mal privatwirtschaftliche Verträge mit ihrem Netzanbieter machen.

Wird 5G zum Spaltpilz? Und entscheiden, welche virtuellen Anbieter überleben werden ...
Ich glaube, sie werden alle überleben. Jeder ist ausreichend groß. Auch ich als Magenta kann mir nicht vorstellen, HoT als Partner zu verlieren. Bei anderen wird das ähnlich sein. In den letzten Jahren haben die virtuellen Anbieter über eine Million Kunden dazubekommen. Das sind ja nicht alles Kunden, die zugezogen sind. Die Regulierung ist also erfüllt, jetzt müssen die Betreiber auch eigenständig agieren können. Bei der Spektrumsauktion hat keiner der Betreiber 5G in nennenswertem Umfang gekauft. Das haben wir gemacht. In Deutschland hat die 1&1 mit einem geringeren Marktanteil als unsere virtuellen Anbieter entschieden, ein Netz zu bauen.

Werden Sie die Preise für Ihre virtuellen Partner jetzt anziehen?
Das will ich so nicht sagen. Die Frage ist, ob sich der Preisverfall fortsetzt. Und, haben wir als Industrie in zehn Jahren noch einmal eine Million Kunden weniger? Die müssen ja auch irgendwo herkommen. Als Magenta möchte ich jedenfalls die Kundenbasis halten. Den Anspruch, dass ich die Million Kunden zurückhole, hab ich gar nicht. Aber das Ausbluten der Hauptmarke im Bereich Mobilfunk muss gestoppt werden.