Es sei ein "Kalt-warm-Jahr" gewesen, sagte Hartwig Kirner noch in seiner Analyse des turbulenten Jahres 2020. Dem jetzt abgelaufenen Geschäftsjahr verleiht der Chef von Fairtrade Österreich indes das Attribut "Warm-warm".
Tatsächlich legten die Verkäufe von fair gehandelter Ware im Land stark zu. Zum Rekordumsatz 2020 kamen noch einmal 95 Millionen Euro hinzu, in Summe wurden 2021 österreichweit mit Fairtrade-Waren 485 Millionen Euro umgesetzt. Ein Wert, der das Land in die weltweiten Top-3 beim Pro-Kopf-Umsatz bringt. Hinter Fairtrade-Musterland Schweiz ringe man mit Irland gar um den zweiten Platz, lässt Kirner wissen. Profiteure dieser Entwicklung sind naturgemäß auch die Erzeugerorganisationen. 69,5 Millionen US-Dollar (66 Millionen Euro) gingen als "Direkteinnahmen" – zusammengesetzt aus Mindestpreis, Bio-Aufschlag und Fairtrade-Prämie – an die Kooperativen.
Wachstum registriert die Organisation heute in fast allen Produktkategorien. Mit den Bananen erreicht Fairtrade mittlerweile österreichweit einen Marktanteil von 28 Prozent, beim Kakao treiben neue Partner wie Manner, Ölz, Berglandmilch oder die NÖM die Absatzquoten rasant in die Höhe.
Nur beim Kaffee taucht im Jahresvergleich ein Minus auf. Hartwig Kirner führt das auf geänderte Gewohnheiten und ein in diesem Segment außergewöhnlich starkes Jahr 2020 zurück. Damals hätte sich der Kaffee-Genuss primär in den eigenen Haushalt verlagert, was bei fair gehandeltem Kaffee für einen gewaltigen Nachfrageschub sorgte. 2021 wanderte der Konsum des koffeinhaltigen Heißgetränks wieder vermehrt in die Gastronomie. Dort aber seien "nachhaltige Produkte noch immer nicht besonders stark gefragt", schildert Kirner. Er selbst könne nicht mehr nachvollziehen, "warum die Gastronomie so zögerlich agiere".
Deswegen verortet der Fairtrade-Chef in Österreich dort auch besonders viel Wachstumspotenzial. Prinzipiell aber sieht Karner auch abseits der Gastronomie "große Wachstumsgelegenheit bei großen Warengruppen" wie eben Kakao.
Wo die zurzeit drängendsten Herausforderungen für die Produzentenorganisationen liegen? Vor allem im Bananen-Bereich seien es "steigende Kosten bei Transport und Verpackung", sagt Kirner. Die Entwicklung erhöhe den Druck auf die Produzenten enorm. Im heimischen Handel zeigt sich der Preis bei dem ohnehin als besonders preisaggressiv geltenden Produkt übrigens vorerst unverändert.