Die EU-Kommission erwägt offenbar, bei einem Wiederaufbau der Ukraine auch sanktionierte russische Vermögenswerte einzubeziehen. An einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage werde gearbeitet, hieß es am Mittwoch aus Kreisen der Brüsseler Behörde. Betroffen wären einerseits eingefrorene Vermögen russischer Oligarchen und andererseits auch Einlagen der russischen Zentralbank in der EU. Allerdings sei für eine Beschlagnahmung eine Rechtsgrundlage erforderlich.

Es brauche dafür eine europaweite, auch strafrechtlich wasserfeste Linie, heißt es. In Italien seien die Möglichkeiten einer Enteignung wegen der dort geltenden Mafia-Gesetze einfacher als in anderen Mitgliedstaaten. Die russische Zentralbank hat Einlagen im Volumen von 300 Milliarden Euro in den EU-Staaten. Bei den Vermögenswerten der Oligarchen sei die Summe sehr viel geringer und entspreche allenfalls einem zweistelligen Milliardenbetrag.

Keine Rechtsgrundlage in den USA

Die USA indes planen derzeit nicht, die eingefrorenen Vermögenswerte der russischen Zentralbank auch zu beschlagnahmen. Das wäre in den USA momentan nicht legal, sagte Finanzministerin Janet Yellen kurz vor dem Treffen der sieben führenden Industrienationen auf dem Petersberg bei Bonn. Die G-7-Gruppe will am Donnerstag und Freitag zumindest darüber diskutieren, ob man weitergehen kann – etwa die Gelder für den Wiederaufbau der Ukraine verwenden. Die Debatte über den längerfristigen Wiederaufbau der Ukraine gehe gerade erst los. Es sei angesichts der enormen Zerstörungen durch den russischen Angriff nur natürlich, Russland auch in die Pflicht zu nehmen, meinte Yellen. Moskau müsse zumindest einen Teil der Kosten übernehmen.

Der Wiederaufbau der Ukraine wird nach Erkenntnissen von EU-Experten mehrere hundert Milliarden Euro in Anspruch nehmen. Jetzt gehe es aber erst einmal darum, den ukrainischen Staat kurz- und mittelfristig am Laufen zu halten. Dafür will die EU-Kommission dem kriegsgeplagten Land kurzfristig mit bis zu neun Milliarden Euro an Krediten helfen. Die EU-Länder sollen zusätzliche Garantien geben. Die Auszahlung ist in mehreren Tranchen vorgesehen, mit langer Laufzeit und Vorzugskonditionen bei den Zinsen.