Das Thema Gasbevorratung steht am Donnerstag im Nationalrat am Programm. Eine Änderung des Gaswirtschaftsgesetzes (GWG) soll ein weiteres Sicherheitsnetz für die Gasversorgung bringen, indem der Staat Versorger mit der Vorhaltung und Speicherung von Erdgas beauftragen kann. Eine Novelle des Energielenkungsgesetzes (EnLG) soll Industriebetrieben, die Gas einspeichern, Sicherheiten geben. Voraussetzung für Teile des Gesetzes ist eine Verfassungsmehrheit.
Große Industriebetriebe, die eigenständig Erdgas kaufen und einspeichern, sollen auch im Krisenfall über ihre Gasreserven selbst verfügen können. Bisher hat diese Sicherheit oft gefehlt, denn im Falle der Energielenkung würde der Staat auf die Reserven zugreifen. Und es war die finanzielle Entschädigung dafür im Gesetz nicht geregelt.
Entschädigung im Notfall
Industriebetriebe, die selbst Gas haben, sollen künftig von Maßnahmen wie etwa einer verpflichtenden Reduktion des Verbrauchs in einem ersten Schritt nicht betroffen sein – sie sollen auf die eigenen Reserven zugreifen können, um die Produktion fortzusetzen. Erst wenn es die Systemstabilität erfordert, greift der Staat auch auf diese Reserven zu.
Sollte es zur Aufrechterhaltung der Versorgung von geschützten Kunden und der systemkritischen Infrastruktur zu einem Zugriff auf die Reserven der Unternehmen kommen, steht diesen dafür eine Entschädigung zu. Sie bekommen das verwendete Gas vom Staat finanziell abgegolten. Ähnliche Regelungen gibt es bereits bei Kohle und Öl.
Einspeichermenge bis zum halben Jahresverbrauch
Die Maßnahmen sind vorerst auf drei Jahre befristet und gelten für eine Einspeichermenge bis zum halben eigenen Jahresverbrauch. Das stelle sicher, "dass nicht überbordende Gasmengen in den Speichern gehortet werden" und zu wenig Speicherkapazität für andere Kunden zur Verfügung steht, erklärte am Dienstag das Bundeskanzleramt.
Die EnLG-Novelle wurde schon Anfang Mai im Finanzausschuss angenommen – auch mit den Stimmen von SPÖ und NEOS – und wird am Donnerstag im Nationalrat behandelt. Erforderlich für den Beschluss ist eine Zweidrittelmehrheit.
"Anreiz, die Widerstandsfähigkeit zu stärken"
Mit der Novelle werde die Republik besser auf Krisen vorbereitet, so Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Die Industrie erhalte einen Anreiz, die Widerstandsfähigkeit zu stärken, und es werde Rechtssicherheit garantiert. Dessen ungeachtet werde die Regierung weiter alles tun, damit die Gasversorgung für Haushalte und Betriebe ohne staatliche Lenkung sichergestellt sei.
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) erinnerte vor allem an die Vorkehrungen für gut gefüllte Speicher im Herbst: Über eine sogenannte Versorgungsversicherung soll der Staat künftig über den sogenannten Bilanzgruppenkoordinator die Energieversorger mit der Vorhaltung und Speicherung von Erdgas beauftragen. Ziel ist, dass die Gasspeicher bis zu Beginn der Heizsaison zu 80 Prozent gefüllt sind.
"Kein unkalkulierbares Risiko mehr"
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) verwies darauf, dass sich die Regierung kürzlich darauf verständigt hat, Mittel für eine strategische Gasreserve in die Hand zu nehmen. Damit solle vorgesorgt werden, dass der Füllstand der heimischen Erdgasspeicher ausreichend hoch sei. IV-Präsident Georg Knill zeigte sich in der Aussendung erfreut, dass es künftig kein unkalkulierbares Risiko mehr sei, als Industriebetrieb eigene Gasreserven anzulegen. Nach bisherigem Stand hätte der Staat auch ohne jegliche Kompensation auf betriebliche Reserven zugreifen können.