Auch Wochen nach der Ankündigung Russlands, dass als unfreundlich eingestufte Länder wie Deutschland und Österreich Gaslieferungen künftig in Rubel bezahlen müssen, sind die Details noch unklar. Die Energiekonzerne halten sich mit konkreten Äußerungen zurück, für einige läuft aber noch im Mai die Zeit für die nächste Rate ab. Eine Übersicht über den Stand der Dinge:
WAS ÄNDERT SICH?
Bisher haben die Unternehmen den Zahlungsverkehr offenbar meist über heimische Banken abgewickelt. Nun müssen sie ein Konto bei der Gazprombank eröffnen – wenn sie noch keines haben. Einzahlungen werden aber weiter in Euro getätigt, den Rest regelt die Gazprombank. "Solange die Kunden auf der Gasseite in Deutschland nur ein Konto bei der Gazprombank eröffnen müssen, auf das sie weiter in Dollar oder Euro einzahlen, gibt es keine gravierende Veränderung", erklärt der Energierechtsexperte der Essener Kanzlei Rosin Büdenbender, Wiegand Laubenstein. Die Gazprombank wäre in der Pflicht, den entsprechenden Rubelbetrag zu beschaffen und trüge damit auch das Wechselkursrisiko.
WAS SAGT DIE EU?
Die EU bleibt nach Aussage der Kommission vom Freitag bei ihrer bisherigen Empfehlung. Danach würden die Versorger nicht gegen Sanktionen des Westens verstoßen, wenn sie die Zahlungen in Euro leisten und die Transaktion im Moment des Transfers als abgeschlossen gilt. Auf diese Weise umgingen sie eine Abwicklung über die russische Zentralbank, die vom Westen mit Sanktionen belegt ist. Nach dem Dekret des russischen Präsidenten Wladimir Putin muss die Zentralbank die Euro in Rubel tauschen, ehe die Transaktion als abgeschlossen eingestuft wird. Ein ranghoher Vertreter eines EU-Mitgliedstaates sagte, es werde von der Kommission wohl kein weiteres Update geben. Schlüsselfrage bleibe, wann die Transaktion abgeschlossen ist. Die EU-Kommission hatte die Unternehmen gewarnt, die Umwandlung in Rubel selbst vorzunehmen. Dies könne ein Bruch der Sanktionen sein.
GIBT ES SCHON FÜR LÄNDER KONSEQUENZEN?
Ende April hat der russische Staatskonzern Gazprom seine Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien gestoppt. Als Begründung wurden fehlende Zahlungen in Rubel genannt. Die Lieferungen würden, solange gestoppt, bis die Zahlungen erfolgt seien.
WAS SAGEN DIE VERSORGER?
- Der österreichische Öl- und Gaskonzern OMV erklärte am Montag kurz und knapp: "Wir arbeiten an einer sanktionskonformen Lösung."
- "Wir sind auf eine Zahlung in Euro vorbereitet und haben auch ein entsprechendes Konto eröffnet", erklärte der deutsche Energiekonzern RWE am Montag. Das Unternehmen agiere im Einklang mit den europäischen und deutschen Vorgaben. Finanzchef Michael Müller hatte in der vergangenen Woche erklärt, in Kürze mit einer Regelung der Frage durch die Bundesregierung zu rechnen. "Wir sind mit den politischen Stellen in Berlin in sehr engem Austausch", sagte Müller. "Wir gehen davon aus, dass eine Klärung in Kürze erfolgen wird." Die nächste Rechnung sei Ende des Monats fällig.
- Die italienische Eni will Insidern zufolge ein Rubel-Konto eröffnen, um für Gaslieferungen aus Russland zu zahlen. Eni wolle diesen Prozess in der neuen Woche beginnen, werde ihn aber unterlassen, wenn er gegen die westlichen Sanktionen verstoße, hatten mehrere mit den Plänen vertraute Personen am Freitag gesagt.
- Die ostdeutsche EnBW-Tochter VNG hat erklärt, keine Probleme zu erwarten. "Wir werden gemäß dem vorgesehenen Prozedere den weiterhin auf Euro lautenden Rechnungsbetrag entsprechend auf die Konten bei der Gazprombank leisten, sodass die fristgemäße Zahlung an unseren Lieferanten von unserer Seite sichergestellt ist", hieß es. "Wir gehen auch davon aus, dass die Konvertierung in Rubel keinerlei Schwierigkeiten machen wird. Die Kontoeröffnung verlief zumindest völlig reibungslos." VNG ließ auf Nachfrage zunächst offen, ob es sich um ein oder mehrere neue Konten bei der Gazprombank handelt und wem sie genau gehören.
- Vom deutschen Uniper-Konzern gab es zunächst keine weiteren Details. Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach hatte Ende April der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erklärt, Uniper bereite sich grundsätzlich darauf vor, über die "Zwei-Konten-Lösung" zu bezahlen. "Das heißt, wir zahlen weiterhin in Euro und es findet, orchestriert über die Gazprom-Bank, eine unmittelbare Konvertierung in Rubel statt. Dass die Russen dann sagen, wir hätten in Rubel bezahlt, damit müssten wir dann leben. Das Verfahren ist intensiv mit der Bundesregierung besprochen."
WAS HAT PUTIN ERREICHT?
Putin habe mit den Maßnahmen unter anderem eine Stützung des Rubels erreichen wollen, hatte es in Regierungskreisen in Berlin geheißen. Die Nachfrage nach dem Rubel solle gestärkt werden. Mit der Abwicklung über ein Konto bei der Gazprombank werde quasi über diese ein Schutzschild gespannt, erklärte Jack Sharples vom Oxford Institute for Energy Studies. Es sei auch eine Warnung des russischen Präsidenten an den Westen, die Sanktionen gegen das russische Finanzsystem nicht weiter zu verschärfen, sagte Jeffrey Schott von der Denkfabrik Peterson Institute of International Economics.