In den vergangenen beiden Coronajahren, 2020 und 2021, sorgten staatliche Unterstützungsmaßnahmen wie das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht oder Steuerstundungen in Österreich für einen deutlichen Rückgang der eröffneten Firmeninsolvenzen. Erst im Herbst 2021 zeigte sich eine leichte Trendumkehr, die auch Anfang 2022 anhielt und später im Jahr an Dynamik gewann.
Die Zahlen zum Thema finden Sie an dieser Stelle in grafischer Form.
Hinweis: In den Grafiken in diesem Artikel sind nur jene Fälle enthalten, in denen tatsächlich ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Verfahren, die mangels Kostendeckung abgewiesen werden, sind nicht berücksichtigt.
Was passiert, wenn eine Firma zahlungsunfähig wird?
Am Anfang steht die Zahlungsunfähigkeit. Sprich: Ein Unternehmen hat keine Mittel mehr, um fällige Schulden zu bezahlen und ist auch nicht in der Lage, diese alsbald aufzustellen. Dabei gibt es übrigens einen Spielraum von fünf Prozent. Können also 95 Prozent der fälligen Schulden bezahlt werden, liegt noch keine Zahlungsunfähigkeit vor. Entscheidend ist die Fälligkeit der Forderungen. Wird mit einem Gläubiger etwa eine Stundung vereinbart, ist die Forderung nicht fällig.
Die Insolvenz muss prinzipiell "ohne schuldhaftes Zögern", spätestens aber binnen 60 Tagen nach Eintritt der Voraussetzungen bei Gericht beantragt werden. Wird diese Frist von den jeweils vertretungsbefugten Organen (Gesellschafter, Vorstand) nicht eingehalten, haften sie persönlich unmittelbar den Gläubigern für jenen zusätzlichen Schaden, der durch die Verzögerung entsteht.
In welcher Region welche Pleiten stattfinden
Besonders viele Firmeninsolvenzen gibt es naturgemäß in Wien, für gewöhnlich vor Niederösterreich und der Steiermark (Wien und Niederösterreich sind auch die Bundesländer mit den meisten Unternehmen). Innerhalb der Steiermark entfallen auf Graz und Umgebung besonders viele Insolvenzen, in Kärnten auf die Stadt Klagenfurt.
Betrachtet man die Höhe der Verbindlichkeiten/Schulden, sind zurzeit Unternehmen, die in der Herstellung von Waren (Industrie) tätig sind, die Baubranche sowie Handels- und Kfz-Reparaturunternehmen besonders stark betroffen. 2021 war die Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche mit Passiva von rund 500 Millionen Euro am stärksten betroffen.
Der Stand bei den Privatinsolvenzen
Auch bei einer "Verbraucherinsolvenz", besser bekannt als "Privatinsolvenz", steht am Anfang die Zahlungsunfähigkeit. Einkommen und Vermögen reichen also nicht aus, fällige Zahlungspflichten zu erfüllen. Außerdem braucht es eine Bescheinigung, dass ein außergerichtlicher Vergleich mit den Gläubigern misslungen ist.
Im Insolvenzjahr 2020 gingen die eröffneten Privatinsolvenzen gegenüber 2019 um knapp ein Viertel zurück. Dieser Abfall war laut AKV weitgehend auf die Zeit des ersten Lockdowns zurückzuführen. Allerdings bewegten sich die Verfahrenseröffnungen auch 2021 auf demselben Niveau. Zu Jahresende 2021 erfolgte schließlich auch bei den Privatinsolvenzen eine Trendumkehr.
Besonders viele eröffnete Privatinsolvenzen gibt es in den beiden bevölkerungsreichsten Bundesländern Wien und Niederösterreich sowie in der Steiermark.