Österreich sieht für die Anlegung der strategischen Gasreserven bis zu 6,6 Milliarden Euro aus dem Budget vor. Damit soll sichergestellt werden, dass bis zum Winter die Gasspeicher zu 80 Prozent gefüllt sind, erklärten Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Energieministerin Gewessler (Grüne) nach der Regierungssitzung. Bereits zuvor hatten Gewessler und E-Control betont, dass Russland auch nach einem Liefer-Stopp für Polen und Bulgarien weiterhin Erdgas nach Österreich liefere.
In dem am Mittwoch abgesegneten Ministerrats-Vortrag heißt es, Ziel der österreichischen Bundesregierung ist es, die Resilienz der Energieversorgung für den Fall einer Erdgaslieferunterbrechung zu stärken. Insbesondere soll sichergestellt werden, "dass die österreichischen Erdgasspeicher vor Beginn der kommenden Heizsaison bestmöglich, zumindest aber zu 80 Prozent gefüllt sind".
Novelle des Gaswirtschaftsgesetzes
Bereits am 24. März war im Nationalrat eine Novelle des Gaswirtschaftsgesetzes beschlossen worden, mit der die Anlegung von strategischen Gas-Reserven in Österreich fixiert wurde. Um die nun am Mittwoch beschlossene Speichermenge von 80 Prozent im kommenden Winter abzusichern, werden durch eine Novelle des Bundesfinanzgesetzes 1,6 Milliarden Euro budgetiert und darüber hinaus ermöglicht, im Bedarfsfall maximal weitere 5 Milliarden Euro für diese Zwecke heranzuziehen (über den Weg einer sogenannten "Überschreitungs-Ermächtigung"). Derzeit sind laut Gewessler 16,7 Terawattstunden an Gas eingespeichert. Dies entspreche einem Füllstand von rund 18 Prozent, wobei die Ministerin darauf hinwies, dass Österreich über "sehr große" Speicher verfüge.
"Zusätzlicher Budgetspielraum"
"Wir treffen Vorsorge, dass tatsächlich eingespeichert werden kann", sagte dazu Nehammer, dazu sei dieser "zusätzliche Budgetspielraum" geschaffen worden. Es gehe einerseits darum, dass die Versorgung der Haushalte sichergestellt wird, aber ebenso um die Absicherung des Industriestandorts Österreich.
Auch betonten Nehammer und Gewessler, dass man die Bestrebungen, Österreich unabhängig vom russischen Gas zu machen, weiter betreibe. "Wir werden Sie informieren, wenn wir ausreichende Quantitäten unabhängig vom russischen Gas haben", so der Kanzler. Auch gehe es hier um den weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien.
Gewessler verwies aber gleichzeitig auf die "bittere Realität": "Diese Abhängigkeit können wir nicht von heute auf morgen beenden", sagte sie. "Die Versorgung unseres Landes mit Erdgas hängt an Russland. Wenn Russland kein Gas mehr liefert, ist das eine ernst zu nehmende Gefahr für unsere Versorgung."
Füllstände gestiegen
Mit Blick auf den berichteten Stopp der Gas-Lieferungen für Polen und Bulgarien betonte die Ministerin, dass Russland weiterhin Erdgas nach Österreich liefere, es gebe "keine Anzeichen" für einen Stopp. Über die Hauptversorgungsrouten Nord Stream und die Ukraine werde "uneingeschränkt geliefert", sagte sie bereits in der Früh im Ö1-Radio. "In den vergangenen Tagen wurde kontinuierlich Gas geliefert, aktuell fließt Gas ohne Unterbrechung nach Österreich", erklärte sie auch im Pressefoyer nach der Ministerratssitzung. Die Füllstände der Lager seien "deutlich gestiegen", dies stelle einen "Polster", aber "keine echte Sicherheit" dar. Daher gelte es, die Berichte aus Polen und Bulgarien "sehr ernst zu nehmen".
Daher habe man den heutigen Beschluss zur Befüllung der Speicher gefällt. Wie auch Nehammer betonte die Ressortchefin, dass es zusätzlicher Schritte brauche. "Volle Speicher sind eine Versicherung, ein Puffer für nächsten Winter. Volle Speicher sind aber keine Lösung für unser Problem"- nämlich die Abhängigkeit von russischem Erdgas.
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sagte in einem Statement zur APA, man sehen aktuell, "dass ein plötzlicher Gas-Stopp in Europa kein theoretisches Szenario mehr ist". "In Krisensituationen wie der jetzigen ist es die Aufgabe des Staates, mit strategischen Investitionen für weitere Eskalationen vorzusorgen. Deshalb haben wir in der aktuellen Budgetnovelle zur Schaffung einer strategischen Gasreserve für Haushalte und Wirtschaft insgesamt 1,6 Milliarden Euro budgetiert und weitere 5 Milliarden als Überschreitungsermächtigung vorgesehen."