Ein Blick zurück ohne Zorn, aber mit einer Brise Wehmut. Es ist Ostern 2020, der erste Lockdown und Andreas Heindl geht es wie vielen Produzenten und Händlern. „Die Lager waren voll mit Osterware, aber die Kunden blieben aus.“ Im Fall eines Schokoladefabrikanten heißt das, die Ware wird von heute auf morgen unverkäuflich. Heindl verschenkte Schokohasen und anderes Österliches im Wert von 400.000 Euro an das Rote Kreuz. Wirtschaftlich „hat das richtig wehgetan“, sagt er.

Lachen kann er nicht, wenn er von den Jahren der Pandemie erzählt, aber in der Stimme schwingt Triumph mit: „Wir haben uns dagegen gewehrt, dass das Geschäft zurückgeht.“ Mit Erfolg. Den Totalausfall des Städtetourismus, der die prominenten Wiener Standorte der 1953 gegründeten Confiserie Heindl mit voller Wucht traf, kompensierte das Unternehmen im Lebensmittelhandel. Zudem expandierte Heindl nach Bayern. „Unsere Umsätze sind schon fast wieder auf dem Niveau von 2019.“

"Haifischbecken"

Heuer lässt sich die Branche Ostern nicht versalzen. Die Karwoche ist nach Weihnachten der zweitwichtigste Umsatzbringer für die Süßwarenindustrie. „Um Weihnachten verteilt sich das Geschäft auf den ganzen Dezember, zu Ostern spielt sich alles in einer Woche ab“, erklärt der steirische Schoko-Doyen Josef Zotter.

Wiener Confiserie: Andreas und Barbara Heindl
Wiener Confiserie: Andreas und Barbara Heindl © Heindl

772 Millionen Euro an Produktionswert erwirtschafteten Erzeuger von Süßwaren 2020 in Österreich und zählten damit laut Wirtschaftskammer zu den wichtigsten Branchen der Lebensmittelwirtschaft. Der Markt ist geprägt vom Kampf um Anteile im Handel, von der Dominanz des US-Riesen Mondelez (Milka) und Lindt. Davon zeugt die Insolvenz von Salzburg Schokolade, Herstellerin der Mozartkugel, die zu Zeiten von Corona zum Ladenhüter mutierte. Die Marke Mirabell wurde längst von Mondelez geschluckt, Salzburg Schokolade nun von der KEX-Gruppe um Julius Meinl V. gerettet. Kein Einzelschicksal in der Tradition heimischer Confiserie. „Es ist hart in der Branche“, sagt Heindl, zugleich froh, „dass wir uns in diesem Haifischbecken durchsetzen konnten.“

Gegen internationale Konzerne nehmen sich österreichische Marken vergleichsweise winzig aus. Größenmäßig wird die inländische Industrie von Herstellern wie Manner und Spitz angeführt, mit Umsätzen von 220 bis 250 Millionen Euro im Jahr sind sie aber fast zehn Mal so groß wie Produzenten à la Heindl und Zotter. Der Vergleich ist nur bedingt zulässig. Nicht nur gelten sie als Vorreiter der nachhaltigen Produktion (Stichwort Fairtradekakao), sie verfolgen auch andere Konzepte abseits der Massenware. Zotter baute bereits vor 20 Jahren einen Onlineshop auf und erzeugt mehr als 60 Prozent des Stroms selbst – so hat die Pandemie nicht einmal eine Delle verursacht. „Wirtschaftlich waren das die zwei besten Jahre für uns“, sagt er.

Josef Zotter in seinem Element
Josef Zotter in seinem Element © Oliver Wolf

Je kleiner, desto größer die Nähe. Craigher in Friesach schöpft die Osterhasen per Hand, 3000 bis 4000 Stück, einige „sind nach Stammgästen benannt oder nach Menschen, die wir gut kennen“, erzählt Hanna Craigher, die den Betrieb mit Bruder Dominikus von den Eltern übernommen hat. Personalisierte Schokolade entwickelt sich zum Renner auch bei anderen Anlässen, etwa wenn Firmen Mitarbeiter und Kunden beschenken. Der Trend zur Regionalität sorgt für eine gute Auslastung in kleineren Manufakturen, so kommt Craigher auf einen jährlichen Einsatz von acht bis zehn Tonnen Schokolade.

Fünfmal so teure Container

Fast die Hälfte dieser Menge fließt bei Heindl allein in die händische Herstellung von 50.000 Osterhasen. Die Zuckerbäcker nutzen indes auch den Vegan-Trend, wie Barbara Heindl berichtet: „Unsere Gelees stellen wir seit jeher mit dem veganen Geliermittel Agar Agar her. Seit wir das auch draufschreiben, steigt der Umsatz dieser Produkte enorm.

Mag Corona verdaut sein, kämpfen die Unternehmen nun mit anderen Widrigkeiten. Rohstoffe wurden teurer (vor allem Trockenfrüchte), die Preise für Verpackungsmaterial und Energie stiegen massiv. Zotter: „Was uns am meisten trifft, sind die Überseetransporte für Kakao, Zucker, Nüsse und andere Zutaten. Da haben wir im Moment Containerpreise bis zu 16.000 US-Dollar, Tendenz steigend. Vor zwei Jahren zahlten wir 3000 Dollar für 20-Fuß-Container.“

Investition verschoben

Wirtschaftlich stehen die Betriebe von Heindl (60 Prozent Eigenkapital) und Zotter (100 Prozent) auf kerngesunden Beinen, der steirische Chocolatier lässt dennoch Vorsicht walten. Eine für heuer vorgesehene Großinvestition in der Höhe von 20 Millionen Euro in den Ausbau von Logistik und Produktion um 8000 Quadratmeter verschiebt Zotter großteils in das nächste Jahr. Dahinter stehen auch Lieferprobleme in der Baubranche und eine derzeit kaum vorhersehbare Entwicklung bei der Inflation – die übrigens dazu führte, dass Schokohersteller jüngst ihre Preise erhöhten. Fünf Prozent waren es etwa bei Heindl.

Der Krieg in der Ukraine betrifft die Branche indes am Rande, erklärt Hanna Craigher: „Die Ukraine ist das größte Anbaugebiet für Sonnenblumen, die das Lecithin liefern, das als Emulgator für die Schokoladenproduktion benötigt wird.“ Allerdings habe man vorgesorgt und entsprechend große Mengen auf Lager.

Kärntner Schoko-Tradition:  Familie Craigher
Kärntner Schoko-Tradition: Familie Craigher © Markus Traussnig