Die heimischen und europäischen Palettenbauer sind aufgrund der Ukraine-Krise und andauernden Corona-Verwerfungen in eine doppelte Zwickmühle geraten. Weil ihre Nagel-Lieferanten keinen Stahl mehr aus Russland bekommen, droht Palettenherstellern eine extreme Materialknappheit. Aber auch die fertige Holz-Palettenware aus der Ukraine könnte knapp werden. "In beiden Fällen sind die Preise extrem gestiegen", sagte Florian Wieser von Wieserholz in Niederösterreich der APA.
Schon in einigen Wochen könnten in Deutschland erste Firmen wegen fehlender Nägel gezwungen sein, ihre Produktion runterzufahren, warnte der deutsche Bundesverband Holzpackmittel, Paletten und Exportverpackung (HPE) am Mittwoch in Bad Honnef laut dpa. Ein Produktionsstopp drohe hierzulande vorerst nicht, sagte der heimische Unternehmer Wieser aus Seitenstetten (Bezirk Amstetten).
Seine Firma braucht rund 50 bis 70 Tonnen Nägel im Jahr. Diese würden zwar in Europa produziert, der Draht dafür stamme aber in erster Linie aus Russland. Wenn der Draht nicht mehr von dort komme, müsse man sich wohl umorientieren. Kurzfristige Alternativen gibt es laut dem deutschen Verband allerdings nicht, da spezielle Nägel nötig seien. Der Preis einer Europalette habe sich seit 2019 von knapp 10 Euro auf derzeit etwa 25 Euro erhöht.
90 Prozent des sogenannten Drahtstahls, aus dem die für Paletten genutzten Nägel gemacht werden, kommen aus Russland. Stahllieferungen sind wegen der aktuellen Russland-Sanktionen aufgrund des Ukraine-Krieges aber untersagt.
"Extrem gestiegene Preise"
Paletten haben in der Industrie und im Handel eine große Bedeutung. Ob Lebensmittel, Elektronik oder Medikamente - alles wird in Kartons befördert, die auf Paletten in Lastwagen, Güterzügen oder Flugzeugen transportiert werden. Vergangenes Jahr stellte die hiesige Palettenbranche rund 120 Millionen solcher Holzkonstruktionen her. Vor allem die "Europalette" ist bekannt.
Es geht aber nicht nur um die Nägel, sagte Wieser. Er sorgt sich auch um fertige Holz-Palettenware aus der Ukraine. Von dort käme das meiste fertig zugeschnittene Palettenholz mit den richtigen Maßen - und man wisse nicht wie lange noch. Zudem seien die "extrem gestiegenen Preise" nur "sehr schwierig weiterzugeben", sagte der Unternehmer der APA. Wieserholz produziert mit rund 20 Mitarbeitern standardisierte Paletten, Systempaletten und Holzkisten sowie weitere Verpackungen für die Industrie und internationale Transportwirtschaft.
Kann man nicht einfach andere Nägel statt der nun weniger werdenden nehmen? Nein, sagt HPE-Geschäftsführer Marcus Kirschner laut dpa. "Es geht um lose Nägel, die in unsere Maschinen gefüllt werden und dann automatisiert angebracht werden." Sogenannte magazinierte Nägel, die als Streifen in Pappe oder Kunststoff gewickelt sind, könnte man in den Palettenmaschinen nicht einsetzen. Dass wiederum Beschäftigte die Nägel händisch mit Nagelpistolen anbringen, wäre ein viel zu großer Aufwand und in den maschinellen Produktionsablauf nicht integrierbar.
"Mehrweg ist gang und gäbe", sagte Kirschner weiters auf die Frage, wieso nicht mehr auf Wiederverwendung gesetzt werde. Es gebe aber einen natürlichen Schwund. Bei der Verladung gingen Paletten kaputt, Abnutzung gibt es auch. Sollten weniger Paletten auf den Markt kommen, wäre so eine Angebotsverknappung nicht über die intensivere Nutzung von Gebrauchtpaletten zu kompensieren.