Ihre dritte Amtszeit als Chefin der russischen Notenbank dürfte die schwierigste werden. Erst im März 2022 – inmitten der schweren Wirtschafts- und Finanzkrise wegen des Krieges gegen die Ukraine – hat Präsident Wladimir Putin die 58-jährige Wirtschaftswissenschaftlerin Elwira Nabiullina für eine dritte Amtszeit ernannt. Seit Juni 2013, als sie als erste Frau dieses Amt übernommen hatte, ist sie Putins "wichtigste Bankerin". "Forbes" hat sie bereits auf die Liste der einflussreichsten Frauen der Welt gesetzt.
Nabiullina, die als wirtschaftsliberal gilt, wollte laut Beobachtern nach dem Angriff auf die Ukraine ihren Job hinschmeißen. Jetzt muss sie den Rubel vor dem Absturz bewahren. Sie gilt als Vertraute Putins. "Jetzt, da die Zentralbank eine stärkere Verantwortung für das Finanzsystem trägt, spricht der Präsident regelmäßig mit Nabiullina", sagt ein Sprecher.
Bereits im Dezember 2014 geriet Nabiullina wegen ihres Umgangs mit dem Kursverfall des Rubels in Kritik. Dessen Wechselkurs bzw. Außenwert war von Jahresbeginn 2014 bis dahin über die Hälfte gesunken. Putins Verhalten im Ukraine-Krieg irritierte Anleger, Investoren, viele westliche Politiker und offenbar auch zahlreiche Russen, die ihre Rubel verkauften und in andere Währungen konvertierten oder in Sachwerte flüchteten. Trotz eines Zuschusses von 30 Milliarden Dollar aus den Fremdwährungsreserven zur Stützung des Rubelkurses wurde Ende November 2014 die Wechselkursbindung des Rubels an Euro und Dollar nicht aufgehoben. Gleichzeitig erhöhte Nabiullina damals den Leitzins.
Broschen als Botschaft
Ihr Vater war Kraftfahrer, ihre Mutter Arbeiterin. Geboren 1963 in Ufa, Hauptstadt der russischen Provinz Baschkortostan, war Nabiullina nach Abschluss eines Wirtschaftsstudiums als Bankerin und im Wirtschaftsministerium tätig. Fünf Jahre lang diente sie als Ministerin für wirtschaftliche Entwicklung, bevor sie Putin 2013 überraschend an die Spitze der russischen Notenbank berief.
Bekannt ist die verheiratete Mutter eines Sohnes (Wassili, geboren 1988) für ihre Auftritte mit auffälligen Broschen – einmal ist es eine Taube, einmal ein Hufeisen. In der ersten Corona-Pandemie trug sie eine Brosche in Form eines Hauses, um die Leute aufzufordern, zu Hause zu bleiben. Dass sie damit Botschaften senden will, sagt sie selbst. Nur am Tag nach der Verhängung der Sanktionen durch die USA und die EU trat Nabiullina ohne Schmuck und ganz in Schwarz vor die Kameras. Hieß das, dass die russische Wirtschaft begraben wird?
Mit einer Verdoppelung des Leitzinses und Kapitalkontrollen stemmt sich Nabiullina nun gegen den Wertverlust des Rubels und den Kollaps des Finanzsystems. Dieses steht durch den Ausschluss aus dem Bankensystem Swift und das Sperren der Währungsreserven der Notenbank in der schwersten Prüfung seit der Rubelkrise 1998. Ein unmöglicher Job? Die Devisen, die die russische Zentralbank angehäuft hat, liegen nicht im Land selbst, sondern vor allem bei westlichen Zentralbanken und Banken. Ein Inflationsschub und eine schwere Rezession gelten als unvermeidlich.