Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann macht sich für zwei kleinere Zinsschritte der EZB noch im laufenden Jahr stark. Warte man bis Dezember und die Erwartungen einer sich wieder abschwächenden Inflation seien nicht eingetroffen, dann sei möglicherweise ein größerer Zinsschritt notwendig, den man aber nicht setzen könne.
Denn dass die EZB bei einem einzigen Zinsschritt über 0,25 Prozent hinausgehen könnte, hält Holzmann für unrealistisch. "Da wird es schwierig werden", erklärte Holzmann bei der Online-Pressekonferenz anlässlich der OeNB-Jahresbilanz 2021. Daher sei es gut, schon jetzt darüber nachzudenken, zwei Zinsschritte jetzt zu setzen.
Aktuell fährt die EZB ihre massiven Anleihenkaufprogramme zurück. Wenn man im Juli mit den Ankäufen aufhöre, so Holzmann, könne die erste Zinserhöhung bereits im September erfolgen. "Das wäre konsistent", sagt Holzmann.
Schon am Dienstag hatte Holzmann für Aufmerksamkeit gesorgt, indem er für ein rasches Ende des negativen Einlagesatzes für Banken plädierte. Das sei aus seiner Sicht aus psychologischen Gründen als Signal an die Menschen sehr wichtig. Derzeit zahlen Banken 0,5 Prozent Strafzinsen, wenn sie Geld bei der EZB parken, auch Kunden mit hohen Spareinlagen müssen etwa in Deutschland teilweise Strafzinsen zahlen. "Der Leitzins würde dann auch angehoben werden und wir beginnen das neue Jahr (2023, Anmerkung) mit Zinsen, die nicht mehr negativ sind."
Ob dieser Vorstoß nur sein Wunsch sei oder eine reale Möglichkeit, wurde Holzmann gefragt, dazu der Gouverneur: "Es ist mein Wunsch, aber nicht nur Illusion, so wie sich die Dinge derzeit entwickeln." Einige seiner Kollegen hätten bereits ähnliche Äußerungen gemacht. "Die Negativität der Zinsen ist Anomalie", so Holzmann in der heutigen Online-Konferenz mit österreichischen Journalisten. Sie zu beenden, "würde auch ein Signal sein für die Menschen in Europa, die EZB nimmt die Sorgen um die Inflation und die nominellen Zinsen ernst". Denn die Wirkung von Zinsen sei in der Wahrnehmung sicher eine andere als das Beenden von Wertpapierkäufen.
Claudia Haase