Kreditschützer sprachen ab dem Herbst des Vorjahres von einer "Trendumkehr". Die davor sehr niedrigen Fallzahlen bei Unternehmensinsolvenzen waren Geschichte - seit damals wurden wieder deutlich mehr Pleiten registriert. Eine Tendenz, die sich laut Hochrechnung des KSV1870 im ersten Quartal 2022 fortgesetzt hat. In der Steiermark wurde im Vergleich zum Vergleichszeitraum 2021 ein deutliches Plus von 43,2 Prozent verbucht - 106 Firmen sind seit Jahresbeginn insolvent geworden. Gleichzeitig sind die geschätzten Verbindlichkeiten (Schäden) um 34,5 Prozent auf 19 Millionen Euro zurückgegangen. Die Zahl der betroffenen Dienstnehmer hat sich auf rund 300 Personen (Vorjahr 278), jene der betroffenen Gläubiger in etwa um rund zehn Prozent auf 920 erhöht, teilt der KSV1870 mit.
„Der gegen Ende des Jahres 2021 eingesetzte Turnaround im Bereich der Unternehmensinsolvenzen hat sich zu Jahresbeginn kontinuierlich fortgesetzt. Die aktuellen Zahlen befinden sich fast auf ‚Vor-Krisen-Niveau‘, womit zwei Jahre nach Beginn der Corona-Krise eine gewisse Stabilität im heimischen Insolvenzgeschehen erreicht wurde“, betont René Jonke, Leiter KSV1870 Standort Graz. Die Entwicklungen der vergangenen Monate würden auch bestätigen, "dass die über fast eineinhalb Jahre auf sehr niedrigem Niveau befindlichen Unternehmensinsolvenzen vor allem auch den staatlichen Eingriffen geschuldet waren – diese sind größtenteils mit Ende September 2021 ausgelaufen". Wie geht es nun weiter? Jonke: „Die kommenden Monate werden zeigen, wie stabil das wirtschaftliche Fundament zahlreicher Unternehmen tatsächlich ist. Ist dieses nicht gegeben und besteht keine reelle Chance auf einen positiven Fortbestand des Unternehmens, erachten wir es als zielführend, frühzeitig eine Sanierung anzustreben, um zu retten, was noch zu retten ist.“
Im österreichweiten Durchschnitt sind die Unternehmensinsolvenzen im ersten Quartal 2022 um rund 110 Prozent gestiegen. Steiermark: Das Bundesland weist ein Plus von rund 43,2 Prozent gegenüber 2021 auf. Mit Ausnahme der Bundesländer Wien (71,4 Prozent), Salzburg (60,7 Prozent) und dem Burgenland (58,3 Prozent) verzeichnen alle anderen einen wesentlich höheren Anstieg.
Unsicherheitsfaktoren
"In Anbetracht der derzeitigen vielfältigen Krisensituationen auf die heimische Wirtschaft ist eine seriöse Einschätzung der Insolvenzsituation für die kommenden Monate mit großer Vorsicht zu betrachten", so Jonke. Wie im privaten Bereich haben auch die österreichischen Unternehmen unter anderem mit hohen Energie- und Rohstoffpreisen zu kämpfen, die je nach Branche unterschiedlichste Auswirkungen mit sich bringen können. „Aus heutiger Sicht liegt es jedenfalls im Bereich des Möglichen, erstmals seit Ausbruch der Pandemie ein Jahresergebnis zu erzielen, das auf ‚Vor-Krisen-Niveau‘ liegt“, so Jonke. Für die Steiermark wären das rund 500 bis 550 Unternehmensinsolvenzen – abhängig auch davon, wie sehr sich der weitere Verlauf der Corona-Krise mit aktuell sehr hohen Infektionszahlen als auch der Russland-Ukraine-Konflikt auf die heimische Wirtschaft auswirken. Hinzu kommen weitere Unsicherheitsfaktoren wie etwa die Entwicklung der Inflationsrate und jene der Zinsanpassungen durch die Europäische Zentralbank.