Der teilstaatliche Öl- und Gaskonzern OMV will die Öl- und Gasförderung bis 2050 ganz einstellen und künftig vor allem im Chemiebereich wachsen. Als konkretes Zwischenziel soll die Öl- und Gasproduktion bis 2030 um ein Fünftel reduziert werden – trotzdem soll der Gewinn mittelfristig deutlich höher sein als in den vergangenen Jahren. Die neue Ausrichtung auf umfangreiche Nachhaltigkeitsziele biete enorme Wachstumschancen, erklärte der OMV-Vorstand am Mittwoch. Den Aktionären werden deshalb trotz des Großumbaus Dividendensteigerungen versprochen.
OMV-Chef Alfred Stern erklärte zudem, wie eine Reduktion der Fördermengen aus dem russischen Öl- und Gasfeld Russkoje aussehen könnte. Aktuell kommen 100.000 Fass Öl-Äquivalente pro Tag aus Russkoje, wo die OMV mit 24,99 Prozent an der Fördergesellschaft der Gazprom beteiligt ist. Zwar steht das Projekt grundsätzlich auf dem Prüfstand, bis hin zu einem Ausstieg, aber eine Entflechtung wäre hochkomplex. Deshalb gibt es bereits einen Plan mit sinkenden Fördermengen, vorerst auf 80.000 Barrel Öläquivalente im Jahr 2025 und 40.000 Einheiten bis 2030.
Grundsätzlich sieht die neue Strategie 2030 vor, die Rohölproduktion bis 2030 schrittweise um etwa 30 Prozent zu reduzieren, die gesamte Erdgasproduktion um etwa 15 Prozent. Investitionen in die Öl- und Gasproduktion werden dennoch bis 2026 fortgesetzt, wobei der Schwerpunkt auf der Entwicklung von Gasprojekten liegt, danach sollen sie deutlich zurückgehen. Das hier verdiente Geld soll die Transformation finanzieren.
Der Anteil von Gas an den fossilen Energieträgern wird mittelfristig auf mehr als 60 Prozent steigen. Gas ist Stern zufolge die zentrale Brücke zur CO₂-Freiheit bis 2050. Ein Schlüsselprojekt der OMV soll die Erschließung des Gasfeldes "Neptun" im Schwarzen Meer werden, das bei einem Baustart 2023 ab 2027 Erdgas fördern könnte. Noch wartet die OMV hier auf das rumänische Offshore-Gesetz, auch eine Pipeline fehlt noch. Das Investitionsvolumen liegt bei zwei Milliarden Euro.
Führender Anbieter von nachhaltigen Lösungen
Weitere Eckpunkte der "Strategie 2030": Der Geschäftsbereich Refining & Marketing soll ein führender europäischer Anbieter von nachhaltigen Kraftstoffen, Rohstoffen und Mobilitätslösungen werden. So sollen etwa mit Investitionen von insgesamt mehr als 400 Mio. Euro bis 2030 mehr als 2.000 E-Ladestationen an Tankstellen und an Autobahnen und Transitstrecken sowie rund 17.000 Wallbox-Ladestationen für Firmenstandorte errichtet werden.
Zur Reduzierung ihrer Treibhausgasemissionen will die OMV zugleich rund 5 Milliarden Euro in die Entwicklung von CO₂-armen Geschäftsfeldern investieren, insbesondere in die Geothermie und die Abscheidung und Speicherung von CO₂ (CCS).
Jährliche Investitionen bei 3,5 Milliarden Euro
Das Geld für diese Transformation soll neben den Gewinnen aus der Öl- und Gasproduktion auch aus der Chemiesparte kommen. "Die OMV ist in einer beneidenswerten Position", so Finanzvorstand Reinhard Florey. Die vor zwei Jahren mehrheitlich gekaufte Borealis sei hochprofitabel. Der Konzern habe ein enormes Tempo bei der Entschuldung vorgelegt und trotz der aktuellen Krise eine sehr hohe Finanzkraft, um die zahlreichen Nachhaltigkeitsprojekte zu stemmen. "Der Transformationsprozess werde sicher nicht immer nur glattgehen", so Florey, "aber am Ende werden wir eine viel stärkere OMV sehen."
Es wird erwartet, dass das CCS Operative Ergebnis vor Sondereffekten (bereinigt um Lagerhaltungseffekte) bis 2030 mindestens 6 Mrd. Euro erreicht. Der operative Cashflow (exklusive Net-Working-Capital-Effekte) soll bis dahin über 7 Mrd. Euro erreichen. Nach klaren Prioritäten bei der Kapitalallokation – Investitionen an erster Stelle, gefolgt von Dividenden, anorganischem Wachstum und Entschuldung - sind Investitionen in Höhe von 3,5 Mrd. pro Jahr zur Unterstützung des organischen Wachstums geplant. Mindestens 40 Prozent davon sind für CO₂-arme Projekte vorgesehen.