Der Bauindustrielle Hans Peter Haselsteiner steigt aus dem Syndikatsvertrag aus, über den sich die Aktionäre des Baukonzerns Strabag koordiniert haben. Grund dafür ist der Anteil des russischen Oligarchen Oleg Deripaska am Konzern, übrigens der zweitgrößte nach Haselsteiners Familienstiftung. Haselsteiner wollte in Absprache mit den anderen Partnern Deripaskas Anteil übernehmen, was misslang. Deripaska wird keine Dividenden aus der Strabag mehr erhalten. Die Schnitte sind aufgrund der Sanktionen notwendig geworden, die in vielen Ländern auch Deripaska betreffen.
Der seit dem Jahr 2007 zugrundeliegende Syndikatsvertrag sah – neben der Nominierung von Aufsichtsratsmitgliedern – auch die Planung von Abstimmungsergebnissen auf der Hauptversammlung vor.
Dieser Syndikatsvertrag, der mit der Uniqa- und der Raiffeisen-Gruppe sowie der russischen Rasperia Trading Ltd. besteht, wurde nun seitens des Kernaktionärs, der Haselsteiner Familien-Privatstiftung, gekündigt. Das teilt der börsennotierte Konzern mit, "nachdem alle Bemühungen, den russischen Anteil an sich zu ziehen, gescheitert sind", wie betont wird.
Russland-Geschäft wird abgewickelt
"Der Vorstand begrüßt den Schritt unserer Kernaktionärin, der Haselsteiner Familien-Privatstiftung, durch die Kündigung des Syndikatsvertrags klare Verhältnisse zu schaffen", wird Strabag-Vorstandschef Thomas Birtel in einer Aussendung zitiert. "Vonseiten des Managements sind wir bereit, alle rechtlich möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um Schaden vom Unternehmen abzuwenden." Dies beziehe sich in Hinblick "auf die aktuell von Großbritannien und Kanada erlassenen Sanktionen, insbesondere auf die Auszahlung von Dividenden".
Die Strabag wickelt in beiden Ländern sehr wichtige Großaufträge ab. Im kanadischen Toronto baut die Strabag einen U-Bahn-Abschnitt im Auftragswert von 500 Millionen Euro. In Großbritannien ist die Strabag am Bau der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke HS2 mit einem Konsortium beteiligt, der Gesamtauftragswert für die Arbeitsgemeinschaft liegt bei knapp vier Milliarden Euro.
Das Russland-Geschäft selbst, in das die Strabag einst größere Hoffnungen gesetzt hatte, nehme mit inzwischen 0,3 Prozent der Konzernleistung "eine untergeordnete Bedeutung" ein, so das Unternehmen. "Der Vorstand hat den Entschluss gefasst, die Aktivitäten abzuwickeln", erklärt Birtel.
Die Strabag SE habe "in Anbetracht der unendlichen Not der vom Krieg betroffenen ukrainischen Bevölkerung umfangreiche Hilfsmaßnahmen, insbesondere in den hauptbetroffenen Konzernländern Polen, Tschechien, Slowakei und der Republik Moldau initiiert bzw. finanziert", heißt es in der Aussendung. "Diese Initiativen werden von Aktionariat, Vorstand und Mitarbeitenden der Strabag SE gemäß dem Wertekodex des Konzerns auch künftig mit Stolz fortgeführt."
"Es war eine Blockade"
Aus Sicht der Kleinaktionärsvertreter ist der Schritt durchaus zu begrüßen. "Der Syndikatsvertrag ist erst mal weg - ein ärgerliches Kapitel bekommt nun eine neue Dynamik. Das ist hoffentlich positiv für das Unternehmen", sagte der Vorstand des Interessenverbands für Anleger (IVA) Florian Beckermann zur APA. "Es war eine Blockade, nun gibt es eine strategische Veränderung", so der IVA-Chef. "Wir hoffen auf einen größeren Streubesitz." An der Aktionärsstruktur der Strabag dürfte sich aber zunächst nichts verändert haben. Allerdings sei unklar, wie es um die Vorkaufsrechte innerhalb des Syndikats stehe. "Dazu wurde bisher noch nichts kommuniziert, die Verträge kennen nur die Kernaktionäre", so Beckermann. Die Hoffnung der Anleger auf eine Expansion des Russland-Geschäfts sei jedenfalls schon seit längerer Zeit immer kleiner geworden. Nun dürfte sie endgültig begraben sein.