Der Ukraine-Krieg droht einer Studie zufolge die Versorgung afrikanischer Staaten mit Getreide für die Lebensmittelproduktion deutlich zu verschlechtern. "Handelswege sind gekappt, Infrastruktur zerstört und alle verbleibenden Produktionskräfte dürften auf eine Kriegswirtschaft ausgerichtet werden", sagte Handelsforscher Hendrik Mahlkow vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) am Freitag.
"Da das Land einer der wichtigsten Getreideexporteure der Welt ist, insbesondere für den afrikanischen Kontinent, wird dies die dortige Versorgungssituation spürbar verschlechtern." Auch in Deutschland wären die Folgen spürbar, wenn auch weit weniger dramatisch.
In Tunesien würden die gesamten Weizenimporte dauerhaft um mehr als 15 Prozent zurückgehen, die Importe von übrigem Getreide um fast 25 Prozent. Ägypten würde über 17 Prozent weniger Weizen und um knapp 19 Prozent weniger sonstiges Getreide, Mais oder Hirse importieren können, Südafrika um 7 Prozent weniger Weizen und über 16 Prozent weniger sonstiges Getreide. Auch Länder wie Kamerun, Algerien, Libyen, Äthiopien, Kenia, Uganda, Marokko und Mosambik müssen mit Einbußen rechnen.
"Auch langfristig nicht zu ersetzen"
"Die Ukraine ist als Getreidelieferant auch langfristig nicht zu ersetzen", fasste Mahlkow die Untersuchung zusammen. "Ihr Ausfall verschlechtert Afrikas Versorgung und treibt auch die Preise in die Höhe." Allein in Tunesien drohe langfristig eine Verteuerung um etwa ein Viertel bei einigen Getreidesorten.
Eine Möglichkeit, das Weltmarktangebot an Getreide kurzfristig zu erhöhen, wäre der Verzicht auf den Anbau von Biobenzin. Stattdessen könnten die Böden für Brotgetreide genutzt werden. "Alleine in Deutschland betrifft dies drei Prozent aller landwirtschaftlichen Nutzflächen", sagte Mahlkow. "Allerdings muss so eine Entscheidung schnell erfolgen, denn die Aussaat beginnt in den kommenden Wochen."
Westliche Länder wären den Angaben nach weit weniger von einem Ausfall der Ukraine als Getreidelieferant betroffen, als der afrikanische Kontinent. Sie sind nicht so stark auf die Importe angewiesen und können den Ausfall besser kompensieren. Deutschland beispielsweise könnte langfristig um 4,8 Prozent weniger sonstiges Getreide importieren, was eine moderate Preissteigerung von rund zwei Prozent zur Folge hätte.