Karlheinz Kopf, der Generalsekretär der Wirtschaftskammer, stellt den Termin für den Start der CO₂-Bepreisung am 1. Juli infrage. Man bekenne sich zwar zum Modell, dem Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid einen Preis zu geben. Allerdings habe der Markt die Aufgabe "längst in vielfachem Ausmaß" übernommen, sagte Kopf bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit WK-Präsident Harald Mahrer am Montag zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs. Es stelle sich daher die Frage, ob der geplante Preis von 30 Euro pro Tonne CO₂ ausgerechnet am 1. Juli dieses Jahres eingeführt werden solle.

Darauf, wann die CO₂-Bepreisung – geplant sind schrittweise jährliche Erhöhungen – dann starten soll, meinte Kopf, man müsse dies "flexibel parallel zur Preisentwicklung handhaben". Er sprach sich für eine Verschiebung um mindestens ein Jahr, vielleicht auch zwei Jahre aus. Mahrer argumentierte, dass die Preise nun ohnehin sehr hoch seien und Marktmechanismen greifen.

Der Vorwurf von Klimaschützern, die Wirtschaftskammer verfolge "fossilen Lobbyismus", wies Mahrer zurück: Der Vorwurf sei "extrem polemisch".

Österreich soll deutschem Beispiel folgen

Kopf und Mahrer präsentierten ihre Forderungen, um die Versorgungssicherheit mit Erdgas aufrechtzuerhalten. Erdgas solle durch Flüssiggas ersetzt werden. Bei der aktuellen Versorgungslage hätte ein vollständiger Ausfall der Gaslieferungen aus Russland die Stilllegung von Produktionsanlagen zur Folge. Die Energielenkung als letztes Mittel einer Versorgungskrise müsse "jedenfalls verhindert werden".

Österreich müsse dem deutschen Beispiel folgen und rasch Vorsorge treffen und den Ankauf von Gasmengen unterstützen. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kündigte an, um 1,5 Milliarden Euro Flüssiggas (LNG) für Deutschland zu beschaffen. Österreich müsse nun dringend alternative Versorgungsrouten nutzen, "solange diese verfügbar sind". 

Sukzessive Speicherung von Erdgas

Flüssiggas soll über entsprechende Terminals in Italien bezogen und über Pipelines nach Österreich geliefert werden. Zeitlich befristet müsse ein gesetzliches Speicherbevorratungsgesetz die sukzessive Einspeicherung in den nächsten Monaten ermöglichen.

Die energieintensive Industrie müsse entlastet werden, fordert die Wirtschaftskammer. Mahrer und Kopf legten dar, dass sich Gas in vielen Bereichen der Industrie nicht ersetzen lasse und der Gasverbrauch auch 2040 noch ähnlich hoch sein werde wie heute. Kurzfristig brauche man Gas aus Algerien, Libyen, der Golfregion und den USA, dieses solle später durch grünes Gas und Wasserstoff ersetzt werden.

Auch FPÖ für Verschiebung

Die Stimmen, die sich gegen die Einführung einer CO₂-Bepreisung ab Juli aussprechen, mehren sich. Am Montag forderte auch FPÖ-Chef Herbert Kickl die Bundesregierung auf, "von der ab Mitte des Jahres in Kraft tretenden CO₂-Bepreisung Abstand zu nehmen". Diese würde zu einem Anstieg um 7,7 Cent pro Liter Benzin und 8,8 Cent pro Liter Diesel führen, und sei "ein weiterer Anschlag auf die Geldbörsen all jener, die das Auto aus beruflichen Gründen brauchen". Kickl forderte auch eine Halbierung der Mehrwertsteuer auf Treibstoffe.