Die deutsche Industrie befürchtet wegen des Ukraine-Kriegs Engpässe bei Rohstoffen sowie Preissteigerungen. Industriepräsident Siegfried Russwurm sagte, die Lage sei unübersichtlich. "Aktuell nehmen Lieferengpässe bei Rohstoffen und Zwischengütern nach einigen Wochen der Entspannung an den Märkten deutlich zu. Der Krieg in der Ukraine sorgt in Unternehmen für zusätzliche große Unsicherheit beim Import von Rohmetallen und metallhaltigen Vorstoffen."
Es seien größere Engpässe für kritische Rohstoffe absehbar, etwa im Bereich der Elektromobilität, so Russwurm. "Wir müssen mit weiteren empfindlichen Preissteigerungen rechnen. Die Industrie ist besorgt über den Materialmangel, aber wir wissen natürlich, wer für diese Situation Verantwortung trägt, und müssen damit umgehen", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie mit Blick auf Russland und den russischen Einmarsch in die Ukraine.
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Peter Adrian, hatte bereits vor Lieferverzögerungen bei Autos gewarnt. Grund ist der mögliche Ausfall von Lieferungen von Palladium aus Russland. Palladium wird in der Automobilindustrie für den Bau von Katalysatoren benötigt. Deutschland ist außerdem abhängig von russischen Öl- und Kohleimporten.
Weniger Wachstum in Österreich
Die gegen Russland verhängten Sanktionen könnten Österreichs Wirtschaft um 0,4 bis 0,5 Prozent senken. Dabei sei aber kein Stopp von Lieferungen aus Russland, insbesondere von Gas, eingerechnet, sagten Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) und der Ökonom Christian Helmenstein am Dienstag vor Journalisten. Auch wenn das in Summe bewältigbar sei, würden einzelne Sektoren und Firmen stark leiden. Der Finanzsektor sei stark genug, um nicht ins Schlingern zu kommen.
Lieferprobleme im Handel setzen sich fort
Die Lieferprobleme im deutschen Einzelhandel, die auch Händler in Österreich betreffen, haben sich im Februar wieder verstärkt. 76,3 Prozent der deutschen Einzelhändler klagten, dass nicht alle bestellten Waren geliefert werden konnten, wie aus der am Dienstag veröffentlichten Umfrage des Ifo-Instituts hervorgeht. Im Jänner waren es noch 57,1 Prozent. "Vereinzelte Lücken in den Regalen bleiben somit vorerst bestehen."
Deutlich mehr Supermärkte als noch im Vormonat klagten diesmal über Versorgungsengpässe: Der Anteil stieg von 18,4 auf 60,5 Prozent. Angespannt bleibt die Lage bei den Händlern von Spielwaren, Fahrrädern und Automobilen: Jeweils rund 95 Prozent berichteten hier von Lieferproblemen. Auch im Möbelhandel hat sich die Lage wieder verschlechtert. Der Anteil stieg von 66,6 auf 90 Prozent.
"Der Handel muss sich gegenwärtig vielen Herausforderungen stellen", sagte Wohlrabe. "Auf der einen Seite verbessern sich die Aussichten mit Blick auf die Lockerungen der Covid-19-Einschränkungen. Auf der anderen Seite belasten die Lieferengpässe und die Inflation die Lage."
Wegen der stark steigenden Energiepreise dürfte die Inflation heuer höher ausfallen als bisher angenommen. "Mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine drohen die Kosten für Gas und Öl weiter zu steigen und damit viele weitere Preise für die Verbraucher", sagte der Leiter der Ifo-Konjunkturprognosen, Timo Wollmershäuser.