Russland wird wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine aus dem internationalen Zahlungssystem SWIFT ausgeschlossen. Das teilte die deutsche Regierung am Samstagabend mit. Die USA, Frankreich, Kanada, Italien, Großbritannien, Deutschland und die EU-Kommission hätten zudem Maßnahmen gegen die russische Zentralbank vereinbart. Der russische Präsident Wladimir Putin werde daran gehindert, seine Kriegskassen zu nutzen, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Betroffen vom SWIFT-Ausschluss seien alle russischen Banken, die bereits von der internationalen Gemeinschaft sanktioniert seien, hieß es aus Berlin. Hinzukommen sollten, soweit erforderlich, weitere russische Banken. Damit sollten diese Institute von den internationalen Finanzströmen abgeklemmt werden, was ihr globales Agieren massiv einschränken werde. Außerdem soll die russische Zentralbank gehindert werden, die Landeswährung Rubel zu stützen.
Außerdem würde die Vergabe von "Goldenen Reisepässen" für russische Investoren abgeschafft. Die beschlossenen Sanktionen richteten sich zusätzlich auch gegen Einzelpersonen und Einrichtungen in Russland und andernorts, die den Krieg gegen die Ukraine unterstützten. Deutschland und seine Verbündeten seien zu weiteren Maßnahmen bereit, sollte Russland seinen Angriff auf die Ukraine nicht einstellen.
Gegen "Putins Kriegsmaschinerie"
Die Maßnahmen richten sich gegen die Finanzierung von Putins Kriegsmaschinerie, sagte EU-Kommissionschefin von der Leyen. Sie würden auch die finanziellen Möglichkeiten russischer Oligarchen beschneiden und erodierende Auswirkungen auf die russische Wirtschaft haben, sagte die Kommissionschefin am späten Samstagabend in Brüssel. Putin habe einen Weg eingeschlagen, der auf die Zerstörung der Ukraine ziele. Tatsächlich aber zerstöre er auch die Zukunft seines eigenen Landes.
Die Bekanntgabe der Maßnahmen erfolgte nach einer Videokonferenz mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz, US-Präsident Joe Biden, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Italiens Regierungschef Mario Draghi. Dabei wurde auch vereinbart, dass eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der USA und der Europäischen Union eingesetzt werden soll, um die zügige Umsetzung der Sanktionen zu gewährleisten und die Vermögenswerte von sanktionierten Individuen, ihren Familien und Firmen einzufrieren. Die Länder betonten demnach ihre Bereitschaft, weitere Maßnahmen zu ergreifen, sollte Russland seinen Angriff gegen die Ukraine und damit gegen die europäische Friedensordnung nicht beenden.
SWIFT hat Sitz in Belgien
Der SWIFT-Ausschluss war in den vergangenen Tagen umstritten gewesen, beim EU-Sondergipfel am Donnerstagabend kam aufgrund des Widerstands von Deutschland, Italien, Frankreich und weiteren Staaten keine Verständigung auf die Maßnahme zustande. Die EU spielt eine zentrale Rolle in dieser Frage, weil SWIFT seinen Sitz im EU-Staat Belgien hat und sich damit etwa dem Zugriff der USA entzieht.
Der ukrainische Präsident Wolodomir Selenskyj hatte erst am Samstag seine Forderung erneuert, Russland vom Bankensystem auszuschließen, und richtete sich dabei explizit an Deutschland und Ungarn. "Es gibt bereits fast die volle Unterstützung der EU-Länder, Russland von Swift abzukoppeln", sagte Selenskyj in einer Videobotschaft. "Ich hoffe, dass Deutschland und Ungarn den Mut haben werden, diese Entscheidung zu unterstützen.
Sanktionsmittel gegen Russland
Ungarns Außenminister Peter Szijjarto wies den Vorwurf, sein Land habe sich gegen einen Ausschluss Russlands aus dem Swift-System ausgesprochen, als "Fake News" zurück. "Wir haben uns nie gegen einen Sanktionsvorschlag ausgesprochen, wir haben nichts blockiert", versicherte er auf Facebook.
Als Sanktionsmittel eingesetzt wurde SWIFT in der Vergangenheit gegen den Iran. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hatte noch am Freitag in der ARD von "massiven Kollateralschäden" gewarnt, nannte konkret die dann nicht mehr mögliche Finanzierung von Energieimporten aus Russland. Man dürfe "nicht Instrumente wählen, wo Putin am Ende drüber lacht, weil sie uns viel härter treffen", so Baerbock. Mit Blick auf den Iran wies sie darauf hin, dass bei einem SWIFT-Ausschluss selbst humanitäre Zahlungen an das Land nicht mehr möglich seien. Strafmaßnahmen gegen Banken und Politiker seien zielgenauer, zudem habe Putin bereits ein "Parallelsystem" zu SWIFT geschaffen.
Kommentar: Warum die EU jetzt handeln muss
Forderungen, Russland vom SWIFT-System auszuschließen, hatte es bereits nach der Krim-Annexion 2014 gegeben. Russland hat in den vergangenen Jahren eigene Finanzsysteme entwickelt, darunter die Systeme SPFS und Mir.