Die neue Hauptfeststellung der Einheitswerte der Bauern ist einen Schritt weiter. Es geht um eine Bemessungsgrundlage für agrarische Steuern. Für die nächste Feststellung 2023 werden die Einheitswerte nicht neu erhoben, sondern bereits ermittelte verwendet. Dazu fließen neu klimabedingte Änderungen ein. Die Landwirtschaftskammer begrüßte den entsprechenden Beschluss im Ministerrat am Mittwoch.
"Für viele kleine land- und forstwirtschaftliche Betriebe kann damit ein einfaches, bewährtes und auch für die Finanzämter administrierbares System fortgeführt werden", so LKÖ-Generalsekretär Ferdinand Lembacher. Überbordende Bürokratie, die mehr kostet als nützt, "wird dadurch weiterhin vermieden". Geändert wird dafür wie berichtet das Bewertungs- und Bodenschätzungsgesetz. ÖVP-Bauernbund-Chef Georg Strasser: "Hitzewellen, Dürreperioden und Starkregen nehmen stetig zu – das beeinflusst die Erträge der Bäuerinnen und Bauern. Jetzt werden rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen, um die klimatischen Veränderungen zielgerichtet bei den pauschalen Einheitswerten einfließen zu lassen."
Im Gegensatz zu Selbstständigen, die ihre Rechnungen dokumentieren müssen, gelten für Bauern einfache Regeln. Sie dürfen eine Pauschalierung nutzen. Bisher zogen Finanzbeamte, gesetzlich festgelegt, alle neun Jahre aus, um die Einheitswerte zu überprüfen und anzupassen. Dafür wurden österreichweit Musterbetriebe besucht. Die Finanz analysierte, wie die Ertragslage ausschaut und bewerteten auch andere Aspekte wie die etwa die Lage eines Hofs.
Dabei wurde – und wird auch weiterhin – nie der tatsächliche Gewinn eines Landwirts besteuert. Mit einem komplizierten Verfahren wird der fiktive Ertragswert eines landwirtschaftlichen Betriebs errechnet, in der Fachsprache ist das eben der Einheitswert. Dieser dient als Ausgangspunkt für die Bemessung der Steuerschuld. Dabei geht es um die Grundsteuer, Grundsteuerzuschläge, wie etwa die Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, Einkommensteuer bei vollpauschalierten Betrieben, Beiträge zur bäuerlichen Sozialversicherung, Grunderwerbsteuer bei bäuerlichen Betriebsübergaben, Kirchenbeitrag und vieles mehr. Bis zu einem Einheitswert von 75.000 Euro dürfen Landwirte voll pauschalieren. Rund 90 Prozent der Landwirte nutzen das System. Erst Betriebe mit größerem Einheitswert als 75.000 Euro müssen Einnahmen dokumentieren, eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung führen oder auch einen Bilanzgewinn durch Buchhaltung ermitteln.
Kritik an Steuer-Regelung
Eine Regelung, die immer wieder auch für kritische Stimmen sorgt. Eine Studie der Steuerexperten Georg Kofler und Gottfried Schellmann, erstellt im Auftrag der Arbeiterkammer, kam laut "Standard" etwa zum Ergebnis, dass im Schnitt nur ein Fünftel der tatsächlichen Einkünfte von Landwirten für die Bemessung der Besteuerung erfasst wird.
"Mit der geplanten Reform wird nun legistisch festgeschrieben, dass die Finanz gar nicht mehr die Absicht hat, festzustellen, wie sich die Ertragslage der Bauern entwickelt", sagt der Steuerberater und Studien-Coautor Schellmann.
Bäuerliche Einkommen steigen
Die als Bauernpartei geltende ÖVP weiß in der Sache ihren grünen Koalitionspartner an Bord. "In der Landwirtschaft ist die Klimakrise schon längst keine akademische Debatte mehr, sondern knallharte Realität, mit realen und deutlich spürbaren Auswirkungen", so der grüne Agrarsprecher Clemens Stammler. "Die drastischen Klimaauswirkungen werden nun endlich auch im Einheitswert abgebildet, die Daten dafür von der Zamg ausgehoben." Die gesetzliche Grundlage für das neue, "rollierende System" werde bis Ende 2023 unter Einbeziehung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Agrarökonomie, Bodenforschung und Klimaforschung erarbeitet und dem Nationalrat zur weiteren Behandlung zugeleitet. Eine erste Begutachtung für die Änderung des Bewertungs- und des Bodenschätzungsgesetzes ist bereits vorigen Mittwoch beendet worden. Zuvor gab es einen Ministerialentwurf vom Finanzministerium, der ans Parlament gegangen war.
Erst gestern war durch die Statistik Austria eine Schätzung bekannt geworden, dass die bäuerlichen Einkommen das zweite Jahr in Folge gestiegen sind. 2021 gab es demnach ein reales Plus von 3,3 Prozent. Es gebe aber keinen Grund zum Jubeln, hieß es vom LKÖ-Präsidenten Josef Moosbrugger (ÖVP). Die Entwicklung sei in den einzelnen Betriebszweigen allzu unterschiedlich verlaufen.