Am kommenden Mittwoch veröffentlicht die Statistik Austria ihre aktuellen Inflationsdaten. Laut einer Schnellschätzung lag die Inflationsrate im Jänner in Österreich bereits bei 5,1 Prozent und damit auf dem höchsten Stand seit 38 Jahren. Auch in der Euro-Zone liegt die Teuerung bei mehr als fünf Prozent. In einigen europäischen Ländern wie Frankreich, Polen oder Ungarn wurden von staatlicher Seite in einzelnen Bereichen auf staatliche Preisregulierungen gesetzt. Ist das der falsche Weg? Oder sollte eine solche Debatte auch in Österreich ernsthaft geführt werden? Ein Pro & Contra zwischen der Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) und dem früheren SPÖ-Finanzminister und Industriellen Hannes Androsch.
Pro staatliche Preis-Regulierung: Elke Kahr
Ein solches Instrument darf nicht leichtfertig eingesetzt werden. Die extrem hohe Teuerung bei Strom- und Heizkosten, bei Lebensmitteln, Mieten und anderen Grundbedürfnissen macht eine Regulierung aber notwendig, meint die Grazer KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr.
Wenn es bei Gütern des täglichen Bedarfs oder bei notwendigen Dienstleistungen zu einer Störung der Versorgung kommt, können „volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise bestimmt werden“. Das ist in Österreich geltendes Recht. Zum Einsatz gekommen ist diese Regelung etwa bei FFP2-Masken. Ohne amtliche Regulierung wäre deren Preis weit höher gelegen als bei den 59 Cent, um die sie schließlich erhältlich waren.
Natürlich darf ein solches Instrument nicht leichtfertig eingesetzt werden. Die extrem hohe Teuerung bei den Strom- und Heizkosten, bei Lebensmitteln, bei Mieten und anderen Grundbedürfnissen macht eine Regulierung jedoch notwendig. Ich hoffe, dass es die Bundesregierung nicht von den Kräften des sogenannten „freien Marktes“ abhängig macht, ob ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung in den nächsten Monaten noch in der Lage sein wird, die Kosten für grundlegende Bedürfnisse wie Miete, Strom und Wärme zu bewältigen. Die soziale Schieflage in unserem Land würde weiter zunehmen, und der volkswirtschaftliche Schaden wäre enorm: Wer den Großteil seines Einkommens zur Deckung der Wohnkosten braucht, kann nicht mehr viel für andere Dinge ausgeben. Der einmalige Teuerungsausgleich ist nur Tropfen auf den heißen Stein. Die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen erfolgt innerhalb eines gesetzlichen Rahmens, der vielerlei Steuerungsmöglichkeiten vorsieht. Im Mietrecht, in der Gesundheitsversorgung, bei Büchern und in vielen anderen Bereichen sind solche Regulative eine Selbstverständlichkeit, die die Anbieter keineswegs in den Ruin treibt. Im Gegenteil: Dadurch haben alle Zugang zu Leistungen, die andernfalls für viele unerschwinglich wären.
Bis in die 1980er-Jahre waren in Österreich sogar einige Grundnahrungsmittel preisreguliert. Heute wirkt eine solche Maßnahme ungewohnt, weil danach sämtliche österreichischen Regierungen auf die vermeintlichen Wunderkräfte des Marktes gesetzt haben. Die Mehrheit hat davon nicht profitiert – ganz im Gegenteil: Durch enorm gestiegene Kosten vor allem im Bereich des Wohnens ist die Kaufkraft für immer größere Teile der Bevölkerung gesunken.
Es ist nicht Aufgabe der Politik, Energie- und Immobilienkonzernen zu möglichst hohen Profiten zu verhelfen, sondern einen Ausgleich zwischen den verschiedenen, oft entgegengesetzten, Interessen herzustellen. Die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs zu leistbaren Preisen muss gesichert sein. Gesetzliche Obergrenzen bei Preisen sind dafür ein taugliches Instrument.
Contra Pro staatliche Preis-Regulierung: Hannes Androsch
Die Lebenshaltungskosten sind massiv gestiegen, doch Konzepte wie Preiskontrollen oder Preisstopps sind allenfalls bei Kriegszuständen als Notmaßnahme zulässig. Ansonsten haben Sie noch nie funktioniert, meint der frühere SPÖ-Finanzminister und Industrielle Hannes Androsch.
Jahrelang konnten wir uns besonders niedriger Inflationsraten erfreuen, auch wenn dies nicht im gleichen Ausmaß für die Lebenshaltungskosten galt. Durch die Pandemie und veränderte geopolitische Rahmenbedingungen hat sich dies inzwischen massiv geändert: Die Inflation ist auf über fünf Prozent gestiegen, die Lebenshaltungskosten sind sogar mehr als zehn Prozent. Die Ursache sind Angebotsschocks, Lieferkettenunterbrechungen, erhöhte Transport- und Rohstoffkosten, vor allem aber die Explosion der Energiepreise. Heizungs-, Strom- und Treibstoffkosten treffen vor allem einkommensschwache Haushalte und bedürftige Familien. Aber auch energieintensive Produktionen sind in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gefährdet, weil sie die Preise nicht im gleichen Ausmaß erhöhen können. Es muss also gehandelt werden.
Die Politik ist zwar rasch mit Konzepten wie z. B. Preiskontrolle oder Preisstopps zur Hand, doch solche Maßnahmen sind allenfalls bei Kriegszuständen als Notmaßnahme zulässig, führen sie doch zu Rationierungen und Schwarzmärkten. Sie können auch erforderlich sein, wenn Monopole ihre Marktmacht unvertretbar ausnützen, aber ansonsten haben sie noch nie funktioniert.
Man möge sich die diesbezüglichen Maßnahmen von US-Präsident Nixon im Sommer 1971 erinnern. Diese haben lediglich für drei Monate Beruhigung gebracht, danach aber einen umso größeren Preisanstieg befördert.
Das Problem kann nur mittels angebotssteigernder Maßnahmen gelöst werden, etwa indem man Investitionen durch Sonderabschreibungen fördert. Auch sollten unüberlegte Klima- oder energiepolitische Maßnahmen vermieden werden, die die Energiepreise weiter anheizen und zu einer Greenflation führen werden. Vor allem aber ist es notwendig, die geopolitischen Konflikte zu beruhigen, damit nicht russisches Gas, von dem Deutschland und noch mehr Österreich so abhängig sind, zur politischen Waffe wird. In der Zwischenzeit aber muss man unter Vermeidung des Gießkannenprinzips zielgerichtet den Einkommensschwächsten rasch helfen und energieintensive Unternehmen unterstützen. Das darf jedoch nicht so geschehen wie bei manchen Pandemieunterstützungen bzw. beim Impflotteriechaos. Wir haben eingespielte Systeme der Steuereinhebung, der Familienbeihilfe, der Arbeitslosenunterstützung und der Pensionsauszahlung.
Diese gilt es zu nutzen, bis sich die Inflation wieder, wenn wahrscheinlich auch nicht auf das frühere niedrige Niveau zurückgebildet hat. Dies verhindert allein die verkorkste Politik einer unüberlegten Energiewende.