Ifo-Präsident Clemens Fuest erwartet im Falle eines russischen Einmarschs in der Ukraine einen Preisschock bei Öl und Gas. "Selbst wenn die Gaslieferungen nicht eingeschränkt würden, käme es zu einem Preisschock, jedenfalls vorübergehend", sagte der Chef des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts am Freitag. "Das träfe private Haushalte und Industrie gleichermaßen."
Bisher rechnet das Ifo Institut heuer mit einer Inflationsrate in Deutschland von 4 Prozent – es wäre die höchste seit 1993 und noch einmal deutlich mehr als 2021 mit 3,1 Prozent. "Sollte ein Krieg ausbrechen, könnte sie noch höher ausfallen", sagte Fuest.
Der Ökonom verwies zugleich auf die gegenseitige Abhängigkeit. Westeuropa brauche russisches Öl und Gas. Aber Russland sei auch auf das Geld angewiesen, das dafür bezahlt werde. Ein Lieferstopp sei unwahrscheinlich, weil Russland auch künftig noch Gas nach Europa verkaufen wolle. Sonst würde die EU von woanders Gas beziehen, zum Beispiel Flüssiggas aus Schiffen. Dafür Infrastruktur in Deutschland auszubauen, sei auf jeden Fall sinnvoll. Kurzfristig könnten jedoch Versorgungsengpässe eintreten.
Sanktionen treffen Russland
Die russische Volkswirtschaft ist dem Ifo zufolge jenseits des Energiemarkts für sich genommen nicht so bedeutsam: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) entspreche gerade einmal der kombinierten Wirtschaftsleistung von Belgien und den Niederlanden. Außerdem seien die ökonomischen Beziehungen schon wegen bestehender Sanktionen eingeschränkt. "Die wegen der Besetzung der Krim verhängten Sanktionen verringern die deutsche Wirtschaftsleistung pro Jahr um rund fünf Milliarden Euro", sagte Lisandra Flach, die beim Ifo-Institut das Zentrum für Außenwirtschaft leitet.
Das seien 0,16 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts. "Der Schaden für Russland ist größer: Er beträgt 1,2 Prozent der russischen Wirtschaftsleistung", sagte Flach. "Würden weitere Sanktionen verhängt, könnten diese die deutsche Wirtschaft zusätzlich belasten, aber die russische Wirtschaft noch deutlich stärker."