Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) hat heute eine Reform der Arbeitslosenversicherung angekündigt, dazu wird er demnächst mehrere Erkundungsreisen ins Ausland machen, am 7. März soll eine Enquete mit Parlamentariern, Sozialpartnern und Experten aus dem In- und Ausland stattfinden. In welche Richtung es gehen wird, ließ Kocher heute bei einer Pressekonferenz noch offen.
Zuletzt wurde spekuliert, dass ein degressives, also abfallendes, Arbeitslosengeld immer wahrscheinlicher werde. Und zwar mit einem erhöhten Einstiegssatz (65 Prozent statt den aktuellen 55 Prozent vom letzten Nettoeinkommen), der dann recht rasch auf die 55 Prozent absinken soll. Im Gegenzug dazu könnte es Verschärfungen bei den Zuverdienstmöglichkeiten von arbeitslosen Menschen geben. Diskutiert wird laut einem Bericht des Standard auch, eine zweiwöchige Wartefrist auf das Arbeitslosengeld einzuführen. Diese würde einerseits Geld frei und andererseits das "Zwischenparken" beim AMS, praktiziert von manch Betrieb, weniger attraktiv machen.
Blick auf das dänische Modell
"Es gibt keine Festlegungen", heißt es aktuell jedenfalls von Minister Kocher. Noch im ersten Halbjahr heuer soll ein Gesamtkonzept vorgelegt werden. Unter anderem will sich Kocher zuerst in Dänemark schlau machen, das eine besonders schnelle Vermittlung von Arbeitslosen zurück in den Job zustande bringe. In Österreich werden derzeit 56 Prozent der Arbeitslosen innerhalb von drei Monaten wieder eine Stelle finden.
Kocher ging auch auf die Diskrepanz der fehlenden Arbeitskräfte bei gleichzeitig fast 400.000 Menschen auf Jobsuche ein. 23 Prozent der Arbeitslosen hätten gesundheitliche Beeinträchtigungen, wodurch sie nicht voll vermittelbar seien. Dazu käme, dass rund 45 Prozent der Arbeitslosen nur Pflichtschulabschluss hätten.
Eine Reform der "Rot-Weiß-Rot-Card" für Drittländer zum freien Zugang zum Arbeitsmarkt sei im Regierungsprogramm festgeschrieben. Medienberichte, dass es für alle Arbeitslosen in den ersten zwei Wochen keine Unterstützung geben soll, "sind im Überlegungskalkül bisher nicht drinnen", so der Minister. Zur Forderung der Sozialpartner nach mehr Geld für die Arbeitsmarktpolitik meinte er, es seien noch nie so viele Mittel wie jetzt - bei vergleichbarer Arbeitslosenzahl - zur Verfügung gestanden.
Vor einem Jahr deutlich mehr Arbeitslose
Trotz weiterhin immenser Omikron-Infektionszahlen ist die Arbeitslosigkeit im Vergleich zur Vorwoche etwas zurückgegangen. Aktuell sind derzeit 393.544 Personen beim AMS arbeitslos (321.690) oder in Schulung (71.854) gemeldet, berichtete das Arbeitsministerium am Dienstag. Vor einer Woche waren es mit 404.943 um 11.399 Betroffene mehr. Problematisch bleibt weiterhin die Zahl von 110.000 Langzeitarbeitslosen.
Vor einem Jahr war die Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer mit 528.679 Menschen deutlich höher. Und sogar vor Beginn der Coronakrise 2020 (412.928) und 2019 (426.508) waren mehr Menschen arbeitslos oder in Schulung als momentan.
Positive Dynamik am Arbeitsmarkt kaum gebremst
Derzeit sind allerdings 179.000 Personen zur Corona-Kurzarbeit vorangemeldet, das war vor der Krise freilich nicht der Fall. Immerhin zeigte sich laut Arbeitsministerium zuletzt aber, dass die tatsächliche Inanspruchnahme der Kurzarbeit im vierten Quartal 2021 weit unter der Zahl der Voranmeldungen lag. Angemeldet seien 177.000 Personen gewesen. Die Zahl der tatsächlich abgerechneten Personen in Kurzarbeit sei mit 100.000 aber "deutlich geringer" ausgefallen. Oft würde die Kurzarbeit also eher als Vorsichtsmaßnahme angemeldet, wird daraus geschlossen.
Der Rückgang zeigt aus Sicht von Kocher, "dass sich Beschäftigte und Betriebe im Verlauf der Pandemie immer mehr an diese besondere Situation angepasst haben". Die Dynamik am Arbeitsmarkt werde derzeit "kaum gebremst". Aber: "Der Anteil jener Arbeitssuchenden, die sofort vermittelbar sind, ist angesichts der positiven Dynamik am Arbeitsmarkt nicht besonders hoch." Daher gehöre dieses Arbeitskräftepotenzial gehoben, um die Menschen rasch zu vermitteln.