Angesichts der hohen Inflation, die vor allem durch den Anstieg der Energiepreise befeuert wird, hat die Regierung am Freitag einen Energiekostenausgleich angekündigt. Diese Entlastungsmaßnahmen wurden am Freitag von vielen Seiten begrüßt, doch reichten ÖGB, Industriellenvereinigung, Pensionistenvertreter und Umweltverbände gleich verschiedene Forderungen nach. Gewerkschaft und IV riefen nach weiteren Entlastungsmaßnahmen, Global 2000 und WWF verlangten Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs. Der Pensionistenverband sieht trotz der neuen Hilfen "nicht alle Probleme gelöst". Kritik kam von der FPÖ.
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian begrüßte die angekündigten Entlastungen als einen "ersten richtigen Schritt", diese könnten aber "nur der Anfang sein". Der Energiekostenausgleich von 150 Euro für fast alle Haushalte und der zusätzliche Teuerungsausgleich von ebenfalls 150 Euro für besonders Bedürftige machen die Gewerkschaftsforderung nach weiteren konkreten Maßnahmen nicht obsolet. AK-Präsidentin Renate Anderl forderte u. a. einen "Sofort-Energiehilfsfonds", in den die Energiewirtschaft einzahlt, um Haushalten in finanziellen Schwierigkeiten zu helfen. Außerdem soll die Mehrwertsteuer zeitlich befristet auf zehn Prozent halbiert werden.
Details zum Entlastungspaket
Die Umweltschutzorganisation Global 2000 begrüßt die beim Energiegipfel vorgestellten Maßnahmen, fordert aber einen langfristigen Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle, den Ausbau erneuerbarer Energien und Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs selbst. Mit regionaler erneuerbarer Energie könne man sich von Energiepreisschwankungen auf internationalen Märkten unabhängig machen. In Österreich seien noch immer 600.000 Öl- und 900.000 Gasheizungen in Betrieb, ein verbindlicher Ausstiegsfahrplan fehle.
Die Umweltorganisation WWF Österreich urgierte ein rasches klimagerechtes Energiespar-Programm. Politik und Energieversorger müssten sehr viel mehr tun, um die Verschwendung von wertvoller Energie zu stoppen. Der heimische Energieverbrauch sei angesichts der EU-Klimaziele zu hoch, und die Preislage für die Menschen gehöre sozial abgefedert entschärft.
Nachbesserungen und Sofortmaßnahmen gefordert
Der Pensionistenverband meinte, mit den 150 Euro Energiekostenausgleich seien "noch lange nicht alle Probleme gelöst", das decke nur zum Teil die enorm gestiegenen Kosten für Haushaltsenergie ab. Zudem gebe es neben den Energiepreisen auch eine Teuerungswelle bei den Lebensmitteln, so Verbandspräsident Peter Kostelka, der deshalb "Nachbesserungen" bei der Pensionsanpassung forderte.
Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec begrüßte das Energiekosten-Hilfspaket der Regierung, weil damit allen stark betroffenen Menschen unter die Arme gegriffen werde. Der Energiegipfel zeige: "Wer schnell hilft, hilft doppelt", so Korosec vom ÖVP-Seniorenbund.
Die Industrie vermisst nach dem Energiepreisgipfel eine Sofort-Hilfe für betroffene Unternehmen. Die Energiepreissituation erfordere ein sofortiges Handeln, nötig sei eine Strompreiskompensation für Unternehmen, sagte IV-Präsident Georg Knill. Dass die Preise für Strom und Gas ein Vielfaches über dem Vorkrisenniveau lägen, sei eine "Herausforderung historischen Ausmaßes". Es sei legitim, Haushalte in dieser Situation zu entlasten, aber Betriebe mit dem Rücken zur Wand bräuchten ebenfalls eine spürbare Entlastung.
Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) sieht die Betriebe weiter massiv unter Druck. Es sei erfreulich und höchst an der Zeit, dass die Politik für die Bürger aktiv werde und Schritte setze, für Unternehmen sei der Anstieg der Energiekosten aber teils sehr problematisch. Branchen wie Stahl, Chemie, Papier, Glas und Stein/Keramik seien enorm unter Druck, so Industriesparten-Geschäftsführer Andreas Mörk.
Opposition mit teils scharfer Kritik
SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll bezeichnete die Entlastungsmaßnahmen als "zu spät und halbherzig", bessere wäre zur Linderung der Not eine Energie-Mehrwertsteuer-Senkung und eine 300-Euro-Einmalzahlung. Die Teuerung umfasse alle Lebensbereiche und könne nicht nur aus der Perspektive der Energiekosten betrachtet werden, denn der tägliche Warenkorb habe sich um 15 Prozent verteuert. Hinzu komme die im April drohende Mietpreisexplosion um 8 Prozent durch Indexierung, die ausgesetzt werden müsse.
FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl sprach von einer "herben Enttäuschung" und einer "großen Inszenierung", denn die 150 Euro Energiekosten-Bonus seien "nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein". Seit Monaten würden die Menschen unter steigenden Energie-, Sprit- und Lebensmittelpreisen leiden – und diese Preisexplosion werde von Schwarz-Grün ignoriert. Ungarn deckle die Preise von Grundnahrungsmitteln, Polen senke die Mehrwertsteuer für Benzin und Diesel von 23 auf 8 Prozent.
NEOS-Klubobmann Niki Scherak forderte "langfristige Lösungen" anstelle "populistischer Einmalzahlungen". Die Regierung müsse aufhören, ständig mit der Gießkanne Geld zu verteilen. Stattdessen sollte sie die "kalte Progression" sofort abschaffen, weil das alle Menschen langfristig entlasten würde.
Schaffung von Energiehilfsfonds für arme Haushalte
Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) begrüßte die von der Bundesregierung präsentierten Sofortmaßnahmen gegen die Teuerung. Der geschäftsführende Caritasdirektor der Erzdiözese Wien, Klaus Schwertner, begrüßte die Entlastungen, forderte darüber hinaus auch die Schaffung eines Energiehilfsfonds für arme Haushalte, um Gerätetausch, Sanierungsmaßnahmen oder unbezahlte Energierechnungen zu bezahlen. Außerdem fordert Schwertner einen nationalen Abschaltestopp für Haushalte mit Kindern auch über März hinaus.