1. Warum erhöht die Fed den Leitzins?
Mit der expansiven Geldpolitik – sie zeigt sich in billionenschweren Wertpapierankäufen, aufgeblähten Bilanzen und einer Zinsspanne zwischen 0 und 0,25 Prozent – gelang es der Fed, die US-Wirtschaft zum Brummen zu bringen. Die Lage am Arbeitsmarkt entspricht ihrem deklarierten Ziel der Vollbeschäftigung – und das trotz Pandemie. Allerdings entglitt den Währungshütern die Inflation. Diese stieg mit sieben Prozent im Dezember auf ein 40-Jahres-Hoch. Das Teuerungsziel der Fed liegt aber bei lediglich zwei Prozent. Zuletzt erhöhte die Notenbank 2018 den Leitzins in vier Schritten, seither ging es bergab.
2. In welchem Ausmaß erhöht die Fed nun die Zinsen?
Das ist noch gar nicht klar.Erwartet wird eine Zinserhöhung im laufenden Jahr in drei bis vier Schritten, beginnend mit Mitte März, es sei denn, die Lage ändere sich fundamental, wie Fed-Chef Jerome Powell erklärte – etwa eine massive Trendumkehr am US-Arbeitsmarkt. Erwartet wird eine Anhebung des Leitzinses um jeweils 25 Basispunkte (0,25 Prozent) innerhalb von 12 Monaten, aber auch ein kräftigerer Schub im Juni mit 50 Basispunkten (0,5 Prozent) ist keineswegs ausgeschlossen.
3. Was wollen Notenbanken mit einer Zinsanhebung überhaupt erreichen?
Es geht um das Verhindern einer brandgefährlichen Inflationsspirale. Preisstabilität ist ein zentrales Ziel der Notenbanken in Washington und Frankfurt. Die Inflation – die Entwertung des Geldes – droht auch das zusätzliche Ziel der Fed, die Vollbeschäftigung, zu gefährden. Daher hat die Bekämpfung der Teuerung Priorität. Der Leitzins wirkt sich unmittelbar auf Spar- und Kreditzinsen aus. Mit dem Zinssatz steuern Zentralbanken die Geldmenge, höhere Zinsen machen Geld teurer und verknappen das Angebot. Es werden weniger Kredite vergeben. Gleichzeitig werden verzinste Anlagen – etwa Anleihen – attraktiver, das bedingt ein Abkühlen der überhitzten Konjunktur, die Inflation sinkt. Die Börsenkurse geben nach. So weit jedenfalls die Theorie.
4. Folgt jetzt auch in Europa eine Zinswende wie in den USA?
Die Frage ist weniger ob, sondern wann der Leitzins auch bei uns steigt. Auch im Euro-Raum wird das Zwei-Prozent-Inflationsziel deutlich verfehlt, zuletzt stieg die Teuerungsrate im Dezember sogar auf rund 5 Prozent. Das macht das Leben für alle empfindlich teurer, vor allem für einkommensschwache Menschen ist das problematisch. Das Phänomen der Teuerung sei "nur vorübergehend", versucht man in der EZB-Zentrale in Frankfurt zu entwarnen, doch die Zeichen mehren sich, dass die Inflation in Europa gekommen ist, um zu bleiben.
Befürchtet werden sogenannte Zweitrundeneffekte, also kräftig steigende Löhne, die eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen, sowie weiter nach oben kletternde Preise für Investitions- und Konsumgüter als Folge der extrem hohen Preise für Energie, Rohstoffe und Vorprodukte. Damit würde eine gefürchtete Entwicklung in Gang gesetzt, die entgleiten könnte. Experten wie Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek erwarten, dass die EZB im Herbst "Farbe bekennen muss", ob sie sich aus dem Negativ-Zinsumfeld verabschiedet. Der Leitzins der EZB beträgt seit Jahren null Prozent. EZB-Präsidentin Christine Lagarde schließt zwar eine Zinswende im Euro-Raum nicht mehr aus, ob es bereits im laufenden Jahr zu einer Abkehr vom ultrabilligen Geld kommt, verneint Lagarde – noch.
5. Welche Folgen hat das Festhalten am Nullzins?
Steigende Preise reduzieren die Kaufkraft und trüben die Kauflust. Temporär sei Inflation wohl verkraftbar, zumal der Leitzins für den Euro-Raum lange Jahre deutlich unter dem Inflationsziel von zwei Prozent zu liegen kam. Rufe nach einem Ende der expansiven Geldpolitik werden daher lauter. Auch ziehen höhere US-Zinsen Kapital vom Euro- in den Dollar-Raum, was den Dollarkurs weiter nach oben treibt und den Import von Öl und Gas in Europa weiter verteuert. Das könnte die Inflation weiter anfachen, warnt der deutsche Wirtschaftsexperte Volker Treier. "Das ist gefährlicher Sprengsatz für jede Volkswirtschaft."
6. Was passiert, sollte auch die EZB den Leitzins anheben?
Die gerade erst anlaufende Erholung der Konjunktur im Euro-Raum könnte sich wieder abschwächen. Das würde steigende Arbeitslosigkeit nach sich ziehen. Die größte Gefahr lauert freilich für schwer verschuldete Euro-Staaten wie Griechenland und Italien. Es sei nicht Aufgabe einer Zentralbank, marode Staatshaushalte zu sanieren, meinen Kritiker. Politiker in Europa müssten ihre Hausaufgaben selbst machen, dazu zähle auch, die Staatsausgaben endlich auf den Prüfstand zu stellen.